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FESTIVALGUIDE – JazzClassica 2016

Lockruf des Luxus

Auf Schloss Elmau spielen bei der JazzClassica selbst die Stars ohne Gage – für Entspannung und Genüsse im Fünf-Sterne-Hotel

vonTeresa Pieschacón Raphael,

Märchenhaft liegt Schlosshotel Elmau am Fuß der Berge, umgeben von schneebedeckten Gipfeln, grünen Wiesen, seltenem Enzian und dem kristallklaren Ferchenbach. Und zahllosen Elefanten: Als Skulpturen finden sie sich im Foyer, in vielen Nischen und Ecken, als Aufdruck auf Sofas, Sesseln und Kissen. Und auf den Zahnputzbechern. „Die werden immer geklaut!“, lacht Schlossherr Dietmar Müller-Elmau.

Seine Faszination für die Dickhäuter stammt aus seiner Zeit in Indien, wo die Tiere „für Urteilskraft und Erinnerungsvermögen“ stehen – für Müller-Elmau „die wichtigsten Fähigkeiten eines Menschen“. Selbst wenn die Geschichte seines Hotels in ihm nicht immer die besten Erinnerungen wachruft: 1916 hatte sein Großvater das Haus im Talkessel hinter Garmisch begründet. „Er war ein vehementer Protestant lutherischer Prägung“, erzählt der Schlossherr. „Hier schuf er eine wunderliche Mischung aus Sanatorium und Jugendherberge, ein Refugium deutscher Innerlichkeit: lauter Weltverbesserer mit ungeheurem Bildungsdünkel, zugleich verlogen, scheinheilig und deutschtümelnd.“ Bei Konzerten durfte nicht applaudiert, beim Tanzen nicht gesprochen werden. Und da das Geld für Angestellte fehlte, mussten die höheren Töchter der Gäste „aushelfen“, manche (männlichen) „Kunden“ auch betreuen. Nichts davon drang aus den klösterlichen Mauern hinaus.

Menuhin liebte den „Ort der Reinigung und des Sammelns“

Eine Bigotterie, die Müller-Elmau – 1954 hier geboren – schon früh zu verachten lernte: „Es gab einen Zwang zur Gemeinschaft, Individualität wurde nicht akzeptiert – ich aber liebte es, ein Aussätziger zu sein.“ Er zog in die weite Welt und brachte es mit einer Hotelmanagement-Software zu einem Vermögen, das er bei seiner Rückkehr nach Elmau in das Schloss investierte, das kurz vor der Pleite stand. Teilen seiner Familie missfiel der neue Indoor-Pool, waren die größeren Bäder zu luxuriös, sie alle bangten um den „Ort der Reinigung und des Sammelns“, wie Yehudi Menuhin diesen nannte. Auch Stammgast Loriot warnte, bar jeder Ironie: „Dietmar, du darfst alles machen, nur nichts ändern.“ Und selbst der damalige Bundespräsident Johannes Rau, Vorstand des Stiftungsrats, drückte seine Besorgnis aus: „Sie sahen in mir den entwurzelten, amerikanisierten, kapitalistischen Zersetzer des Gemeinwesens“, resümiert Müller-Elmau. „Meine Ideen wollten sie nicht, mein Geld aber schon … Offiziell geht es in Deutschland immer nur um Kultur – tatsächlich ging es um Macht und Geld.“

„Nirgendwo gibt es mehr Kultur pro Quadratmeter als hier“

Bis im August 2005 das Schloss in Flammen aufging. Müller-Elmau übernahm die Mehrheit des Hauses, verordnete ihm kosmopolitische Eleganz und Luxus, darunter fünf Restaurants und fünf Pools. Und einen Konzertsaal, der bis zu 330 Plätze fasst, sowie „eine Armada von Steinways“, wie die künstlerische Leiterin des Kulturprogramms Silke Zimmermann sagt. „Wir machen über 200 Konzerte im Jahr – Klassik, Jazz, Autoren-Lesungen, zwei Festivals und Konzertreihen. Nirgendwo gibt es mehr Kultur pro Quadratmeter als hier.“ Und die Künstler kommen gern – ohne Honorar. Genießen stattdessen ein paar Tage auf Einladung des Hauses. So auch ein Grigory Sokolov: „Er hatte Angst, in einem Hotel zu spielen, fürchtete, dass die Zuhörer nach der Pause weg seien, weil sie essen wollten“, erinnert sich Müller-Elmau. „Als er bei uns war, kamen 300 Menschen – er aber beklagte sich, dass neun nach der Pause gefehlt hätten.“ Angeblich hatte er das am Applaus gehört.

Die Festivaldaten im Überblick:

Zeitraum:  9.–17.7.2016

Künstler: Ian Bostridge, Christian Scott, Lizz Wright, Justin Kauflin Trio, TICHO u. a.

Ort: Elmau

Was es im Bereich Festival außerhalb von Elmau zu entdecken gibt, stellen wir Ihnen in unserem Festivalguide vor.

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