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FESTIVALGUIDE – Musiktage Mondsee 2016

Mekka für intime Klänge

Bartók schwärmte von dem „ruhigen und sanften Ort“ – seit 1989 zieht es alljährlich Kammermusikfans 
zu den Musiktagen Mondsee

vonHorst Reischenböck,

Neigen sich die großen internationalen Musikfestivals im Spätsommer ihrem Ende zu, dann beginnt das Herz von Kammermusikfreunden umso heftiger zu schlagen. Eine ihrer ersten Adressen findet sich im Salzkammergut, keine 30 Kilometer von Salzburg entfernt: die Gemeinde Mondsee. Speziell am Abend entfaltet der 3658-Seelen-Ort, überschaubar am oberen Ende des gleichnamigen Sees gelegen, einen höchst intimen Charme – nach all dem Trubel untertags, wenn englischsprachige Touristengruppen ob der hier gedrehten Hochzeitsszene von Baron Trapp und Maria alias Christopher Plummer und Julie Andrews in der Musical-Verfilmung The Sound of Music die Kirche fotografierend stürmen. Wie hatte es schon Belá Bartók 1931 in einem Brief an seine Mutter so treffend beschrieben: „Ich bin hier glücklich angekommen: ein stiller, ruhiger und sanfter Ort … Euch würde es hier sehr gefallen! Schattige Spaziergänge, Bänke und österreichische Gemütlichkeit, die Ihr so gern gehabt habt.“

 

Schon von weither grüßen die Türme der Basilika St. Michael, ihres Zeichens die zweitgrößte des Bundeslandes Oberösterreich. Und Beleg für die Bedeutung des durch Bayerns Herzog Odilo gegründeten, lange als „monasterium altissimum“ bezeichneten Benediktiner-Klosters, das bis zur Aufhebung in Mozarts Todesjahr 1791 auch Ort sakraler und profaner Musikausübung war – und von dessen berühmter Schreibstube bis heute ein Codex aus dem achten Jahrhundert als wahrscheinlich älteste Musikhandschrift Österreichs kündet.

 

Auch András Schiff begeisterte dieses Ambiente so sehr, dass der Pianist 1989 befreundete Kollegen erstmals eine Woche lang zur Teilnahme an den Musiktagen animierte. Ihm dünkte Mondsee als idealer Ort für ein Fest, bei dem Künstler in Ruhe arbeiten können und das Publikum neben der Musik auch die Natur genießt. Nicht um sich durch Originalität oder Moderne besonders einzigartig oder interessant zu profilieren: Nein, dem ungarischen Musiker ging es von Beginn an jeweils um die Paarung zweier Komponisten. So traf im Gründungsjahr Johann Sebastian Bach auf Johannes Brahms im Wechsel von Konzerten in der Kirche und in dem Schloss gewordenen ehemaligen Kloster – und das in einem Raum mit gerade für kleine Besetzungen idealer Akustik!

 

Die Kombination aus Literatur und Musik pflegten Schiffs Nachfolger, der Geiger Christian Altenburger und seine Gattin Julia Stemberger, während Cellist und Dirigent Heinrich Schiff als nächster
 künstlerischer Leiter das Angebot hinein in zeitgenössische Gefilde und größere orchestrale Besetzungen ausweitete.

 

2010 übernahm dann das Auryn Quartett die Federführung und programmierte zu Chopins und Schumanns 200. Geburtstag das Adagio. Zum Gedenken an Robert Schumann von Reimann sowie Kurtágs Hommage à Robert Schumann. Unvergesslich auch der damalige Auftritt von Menahem Pressler und Shmuel Ashkenazy als Schubert-Interpreten! Zudem engagieren sich die Auryns nach wie vor erfolgreich für die eigens in Auftrag gegebenen Werke des jährlich wechselnden „Composer in Residence“ – was hier schon solch spannende Werke wie das durch Ingeborg Bachmann inspirierte Glockenläuten Mayako Kubos oder im Vorjahr Thomas Daniel Schlees viertes Streichquartett das Licht der Musikwelt erblicken ließ.

 

Im September gilt es nun den 175. Geburtstag Dvořáks zu feiern – natürlich ebenso abwechslungsreich wie anspruchsvoll eingebettet „zwischen zwei Welten“, den USA und Europa. Der Weg nach Mondsee dürfte sich also wieder einmal lohnen.

 

Die Festivaldaten im Überblick:

 

Zeitraum:  26.8.–3.9.2016

Künstler:  Alexander Lonquich, Nicolas Altstaedt, Auryn Quartett, Kelemen Quartett, Lars Anders Tomter, Ulrich Wolff u. a.

Ort: Mondsee

www.musiktage-mondsee.at

 

Welche Festival es noch zu entdecken gibt, stellen wir Ihnen in unserem Festivalguide vor.

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