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Porträt Nicolas Altstaedt

Rastloser Streicher

Zuhause sei der Mensch dort, wo er sich geborgen und glücklich fühle, sagt Nicolas Altstaedt. Seine Heimat hat der Cellist in der Musik gefunden

vonKlemens Hippel,

Als Treffpunkt hat Nicolas Altstaedt ein Café im Berliner Szeneviertel am Helmholtzplatz vorgeschlagen – sein „Wohnzimmer“, wie der Musiker schmunzelnd anmerkt.

Geboren in Heidelberg als Sohn eines Deutschen und einer Französin, unternahm er mit sechs Jahren seine ersten Streichversuche auf dem Cello. Eine eher zufällige Wahl, da sein Vater ein wenig Klavier und Cello spielte – und für die Tasten hatte sich halt schon sein Bruder entschieden. Doch dann ließ ihn das Instrument nicht mehr los, und als er mit 14 Jungstudent in Detmold wurde, war klar: Eines Tages würde der Teenager Cellist werden. 

Nur kurz, doch umso prägender sein Studium bei Boris Pergamenschikow in Berlin: Als einer seiner letzten Schüler konnte er noch von Wissen und Erfahrungen des großen Cellisten profitieren. War Altstaedt in der Stadt, trafen sich die beiden mehrmals in der Woche zum Unterricht – und der beschränkte sich keineswegs auf reines Streichertraining, sondern umfasste alle Bereiche der Musik. Eine (Lehr-)Zeit, in der Altstaedt auch Gidon Kremer kennenlernte, der ihn nach einem Vorspiel sogleich zu seinem Kammermusikfestival in Lockenhaus einlud – und ihn 2011 dann dort zu seinem Nachfolger erkor.

Eine ideale Wahl, denn Kammermusik bedeutet für Nicolas Altstaedt weit mehr als nur eine musikalische Gattung: Das Leben und Arbeiten mit seinen Partnern ist für ihn seine eigentliche Heimat. „Denn ein Zuhause hat man als Musiker nicht.“ In seiner Berliner Wohnung sei er sowieso nur wenige Tage im Monat: Hier komme zwar die Post an, hier stehe die Waschmaschine, hier zahle er seine Steuern – doch im Grunde könne er in jeder gut angebundenen Großstadt leben. Und dann sei am Ende des Tages die eigentliche Frage: Wo fühle man sich geborgen, wo sei man glücklich und gelange zu einer gewissen Erfüllung – „und das ist beim Musizieren mit Freunden der Fall“.

„Gemeinsam zu musizieren ist das Intimste, was es gibt“

Wobei „Freunde“ in seinem Fall tatsächlich wortwörtlich zu verstehen sind: Eine gute musikalische Zusammenarbeit sei für ihn nämlich nur denkbar, wenn auch auf der persönlichen Ebene mehr als lediglich kollegialer Respekt herrsche. „Gemeinsam zu musizieren ist das Intimste, was es gibt.“

Musikalisch sieht sich der dunkelhaarige Lockenkopf dabei als Grenzgänger zwischen Alter, klassischer und Neuer Musik – und empfindet solch Genre-Sprünge auch als ganz natürlich: Das seien halt drei verschiedene Sprachen, die er vielleicht nicht alle gleich gut spreche, aber für sich als Musiker einfach alle brauche. Und so wechselt er denn auch wie selbstverständlich zwischen Darm- und Stahlsaiten, ist bei Spezialisten wie Allroundern ein gleichermaßen beliebter Partner. Nicht zuletzt, weil Altstaedt auch jenseits der Klassik stets nach neuen Inspirationen sucht – sei es nun in der Natur, der Kunst oder der Begegnung mit fremden Menschen, anderen Kulturen und Lebensstilen.

Das hohe Lebenstempo bestimmt die Ruhephasen

Zwischen CD-Aufnahmen, Konzerten, Partiturstudien, Proben und sportlichen Aktivitäten werde es Abends dann oft sehr spät, das Taxi zum Flughafen am nächsten Morgen gehe aber meist schon sehr früh, so dass er oft einfach Schlaf nachholen müsse – „am besten im Flugzeug oder Zug“. Sein hohes Lebenstempo bestimmt eben selbst die Ruhephasen.

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