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Beethoven-Symposium in Bonn

Doktor van Beethoven

Als Teil des Beethoven-Jubiläums 2020 beleuchtete das medizinisch-musikhistorische Symposium „Ludwig van Beethoven: der Gehörte und Gehörlose“ den Komponisten von einer ganz anderen Seite.

vonAndré Sperber,

Er war ein Ausnahmekünstler, das ist bis heute unbestritten. Sein Name ist in der ganzen Welt ein Begriff, seine Werke sind nahezu überall bekannt. Doch fast ebenso berühmt ist die verblüffende Tatsache, dass Beethoven sein halbes Leben unter massiver Schwerhörigkeit, letztendlich wahrscheinlich sogar Taubheit litt. Einige seiner größten Werke, wie die neunte Sinfonie oder die „Missa solemnis“, schrieb er unter fast vollständiger Gehörlosigkeit. Und dabei war die Taubheit längst nicht das einzige Leiden, dass dem Komponisten zu schaffen machte.

Um diesen Aspekt der gesundheitlichen Probleme Beethovens und deren Einfluss auf sein Leben und Schaffen näher zu beleuchten, fand im Biomedizinischen Zentrum Bonn am 16. und 17. Oktober das Symposium „Ludwig van Beethoven: der Gehörte und Gehörlose“ statt. Durch die Zusammenarbeit der Beethoven Jubiläums Gesellschaft, dem Universitätsklinikum Bonn und des Freiburger Instituts für Musikermedizin vermischten sich dabei medizinische mit historischen und musikalischen Ansätzen.

Beethoven der Dauerpatient

Schnell wird klar, dass Beethoven und die medizinische Forschung enger zusammengehören, als man zunächst vermuten mag. Denn nicht nur in musikalischen und gesellschaftlichen Fragen war Beethoven ein Revolutionär: Auch der medizinische Fortschritt interessierte ihn sehr, war er doch als Patient, der nicht nur unter zunehmendem Gehörverlust litt, sondern den auch Gelbsucht, Bauchkoliken, Kopfschmerzen und Leberzirrhose plagten, ständig von Ärzten umgeben.

Einer seiner engsten Vertrauten, mit dem Beethoven in ständigem Kontakt stand, war der Arzt Franz Wegeler, dessen direkter Nachfahre Felix Wegeler gemeinsam mit Beethoven-Haus-Direktor Malte Boecker auch einen Beitrag zum Symposium leistete.

Soziale Isolation – damals wie heute

Neben der Frage, ob Beethovens Ohrenprobleme in heutigen Zeiten hätten geheilt werden bzw. ob die Symptome zumindest hätten gelindert werden können (was sich laut Musikmediziner Prof. Dr. Bernhard Richter mit großer Wahrscheinlichkeit mit „ja“ beantworten ließe), stehen auch die aus seiner Taubheit resultierenden psychologischen Probleme im Zentrum des Diskurses.

Soziale Isolation ist paradoxerweise das Phänomen, das uns gegenwärtig mit Beethoven verbindet – bei ihm ausgelöst durch seine Taubheit, bei uns durch die Corona-Krise: Kontaktsperren, erschwerte Kommunikation, Reisebeschränkungen. „Ich muß mich nun noch wacker herumtummeln“, schrieb Beethoven einmal in einem Brief. „Wäre mein Gehör nicht, ich wäre nun schon lange die halbe Welt durchgereiset.“ Auch er konnte nicht mehr Reisen, seinen Beruf als Pianist und Dirigent nicht mehr richtig ausführen – nur noch im Homeoffice arbeiten.

Ein Vorbild in Krisenzeiten

Das Symposium, das unter Coronabedingungen mit Masken, Abständen und begrenzter Teilnehmerzahl stattfindet, wird selbst zum Symbol für die Situation Beethovens, denn noch nie war sie so weitläufig erfahrbar wie heute. „Es kann eigentlich kein Zufall sein, dass wir den 250. Geburtstag von Beethoven in dem Jahr der Corona-Pandemie feiern. Denn Beethoven ist ein Vorläufer des Social Distancing, er hat das am eigenen Leib erfahren und er hat seine Mittel und Wege gefunden, damit konstruktiv Umzugehen“, sagt Malte Boecker und spricht damit einen weiteren wichtigen Punkt an: Trotz aller Krankheiten und der sozialen Isolation hat Beethoven stets durchgehalten, weiter gemacht und dabei unsterbliche Werke geschaffen. Das macht Mut, gerade und Zeiten wie diesen, und zeigt, dass Beethoven auch in dieser Hinsicht als Vorbild dienen kann.

Weitere Informationen, das E-Book mit den Ergebnissen sowie Mitschnitte des Symposiums gibt es hier.

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