Bei den Festspielen Mecklenburg-Vorpommern hält die Musik an großen und kleinen, neuen und traditionsreichen, herrschaftlichen und einfachen Plätzen Einzug: Ob im nur wenige Kilometer von der Ostsee entfernten Barockjuwel Schloss Bothmer, in Neubrandenburgs ehemaliger Stadtkirche, die zur Jahrtausendwende als Konzertkirche wieder aufgebaut wurde, in der Festspielescheune Ulrichshusen oder in versteckten Gutshäusern und reizvollen Dorfkirchen – stets begegnen sich Künstlerinnen und Künstler und das Publikum an atmosphärisch einzigartigen Orten. Mehr als neunzig Spielstätten in Mecklenburg-Vorpommern haben die Festspiele mittlerweile auserkoren und sich überdies seit dem Gründungskonzert im Mai 1990 zu einem der größten Klassikfestivals in Deutschland entwickelt. Rund 130 Konzerte stehen in diesem Sommer auf dem Programm, wobei unter all den Glanzmomenten im August drei Veranstaltungen hervorstechen.

Spitzenklassik im zwanglosen Ambiente
Zu den traditionellen Höhepunkten der Festspiele Mecklenburg-Vorpommern zählt das große Open Air-Wochenende auf Schloss Bothmer und dem umliegenden sieben Hektar großen Park. Erst 2015 wurde der prächtige Landsitz, den der britische Diplomat Graf Hans Caspar von Bothmer ab 1726 von London aus im Klützer Winkel erbauen ließ, aufwendig renoviert. Hier können die Gäste virtuose Spitzenklassik in zwangloser und stilvoller Atmosphäre erleben. Zahlreiche Besucher genießen dabei das einmalige Ambiente schon Stunden vor Konzertbeginn auf der eigenen Picknickdecke. Am Samstagabend (23.8., 18 Uhr) lassen schließlich die aus Granada stammende Ausnahmegeigerin María Dueñas und das NDR Elbphilharmonie Orchester unter der Leitung seines Chefdirigenten Alan Gilbert musikalische Träume wahrwerden. Die hochtalentierte Spanierin hat sich mit gerade einmal 22 Jahren bereits in die vorderen Ränge der Violinwelt gespielt.
Bei den Festspielen Mecklenburg-Vorpommern spielt sie Max Bruchs erstes Violinkonzert, das zu den bekanntesten Werken des Komponisten zählt – kein Wunder, strotzt das hochromantische Stück doch vor Melodien, die, einmal gehört, lange im Ohr bleiben. Vom Solisten indes fordert es feurige Virtuosität und lyrische Raffinesse. Dem gegenüber stehen Modest Mussorgskis „Bilder einer Ausstellung“ in der Orchestrierung von Maurice Ravel. Keine Komposition wurde übrigens häufiger beim Festival gespielt als jene Klangwanderung durch Gemälde und Zeichnungen des russischen Malers Wiktor Hartmann. Den Abend unter freiem Himmel eröffnet das Orchester mit Anna Clynes nur dreiminütigem Stück „Restless Oceans“, bei dem die Musikerinnen und Musiker auch singen und mit den Füßen stampfen.

Paradestücke für Klavierduo
In der Konzertkirche Neubrandenburg präsentieren sich hingegen Lucas und Arthur Jussen (27.8., 19 Uhr). 2013 gewannen die klavierspielenden Brüder aus den Niederlanden den Publikumspreis der Festspiele. Seitdem findet das Duo zwischen Auftritten in Hongkong, Amsterdam oder London immer wieder Zeit für einen Halt in Mecklenburg-Vorpommern. In diesem Sommer haben sie einerseits Paradestücke des Repertoires eingepackt, darunter Sergej Rachmaninows perkussive zweite Klaviersuite, Robert Schumanns sehnsüchtiges und graziles Andante mit Variationen op. 46 und Mozarts beliebte vierhändige Sonate C-Dur KV 521, die wie ein Klavierkonzert im Kammermusikgewand anmutet. Andererseits brillieren sie mit Fazıl Says „Night“, einem ursprünglich als Zugabe gedachten Stück, das ihnen der türkische Komponist und Kollege vor einigen Jahren auf den Leib geschrieben hat.

Mehr als 100-mal zu Gast bei den Festspielen Mecklenburg-Vorpommern
Als Symbol ländlicher Konzertidylle gilt die zwischen blühenden Feldern, tiefen Wäldern und stillen Seen der Mecklenburgischen Schweiz gelegene Festspielscheune Ulrichshusen. 1993 packten die Einwohner des kleinen Dorfes bei der Renovierung mit an, ein Jahr später wurde sie mit einem Konzert des legendären Lord Yehudi Menuhin eingeweiht. Seitdem reisen Künstler der ersten Reihe jeden Sommer in das Kleinod, das nicht zuletzt mit seiner hervorragenden Akustik überzeugt. Wiederum ein Jahr nach der Einweihung debütierte im Sommer 1995 der damals 18-jährige Daniel Müller-Schott bei den Festspielen Mecklenburg-Vorpommern. Insgesamt 103-mal ist der Cellist schon beim Festival aufgetreten, nur Geiger Daniel Hope und Klarinettist Matthias Schorn waren öfters da.
Nun kommt der gern gesehene Gast zurück nach Ulrichshusen. Gemeinsam mit seinem langjährigen künstlerischen Freund Vasily Petrenko (30.8., 19 Uhr) und dessen Royal Philharmonic Orchestra spielt Müller-Schott Antonín Dvořáks Cellokonzert. Das sehnsüchtige Werk gilt vielen Zuhörern als ein Evergreen und auch für den Münchner Solisten ist es ein besonderes Stück Musik: „Da ist jede Note voller Liebe, es ist vom Himmel“, schwärmt er. Umrahmt wird das Festkonzert von Edvard Griegs erster Peer-Gynt-Suite und Nikolai Rimski-Korsakows zauberhaftem Tonpoem „Scheherazade“. Und wer weiß, vielleicht finden der weltberühmte Solist und der Pultmagier Zeit, um dem Festivaltreiben für einen kühlenden Moment zu entgehen und in den nahe gelegenen Badesee von Ulrichshusen zu springen – für Müller-Schott ebenso eine Tradition wie ein Teller Pasta hinter der Bühne