Opern-Kritiken
Lesen Sie Opernkritiken von aktuellen Premieren, Uraufführungen und Saisonhighlights aus Deutschland und europäischen Metropolen verfasst von Experten.
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Leben oder Tod – was tut‘s
(Berlin, 27.4.2025) Kirill Serebrennikov komplettiert mit Mozarts „Don Giovanni / Requiem“ seine Da Ponte-Trilogie an der Komischen Oper Berlin: Das Ernste serviert er darin mit Leichtigkeit und Witz – und so noch nicht dagewesenen Überraschungen.
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Menschen als der Menschen Wölfe
(Bielefeld, 26.4.2025) Kongenial entlockt Regisseur Manuel Schmitt einer gerüsthaften Holzkonstruktion ins Gemüt greifende Hinweise, Anspielungen und Symbole: Bohuslav Martinůs christliches Passionsspiel auf der Opernbühne „Die Griechische Passion“ entfaltet so seine teils bestürzende Aktualität.
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Der Gedanke als Saat ein jeder Revolution
Das Staatstheater Darmstadt nimmt die ideenreiche und aufmerksamkeitsfordernde Kasseler Inszenierung von „La Muette de Portici“ auf. Das Staatsorchester glänzt mit vitaler Lesart, die Hauptpartien lassen indes am Premierenabend viel auf Strecke liegen.
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Die Frau ist und bleibt tot
(Zürich, 21.4.2025) Regisseur Dmitri Tcherniakov verwandelt am Zürcher Opernhaus „Die tote Stadt“ in ein modernistisches Psychogramm auf wackeligen Füßen. Die eklektizistische, in allen Farben des Fin-de-Siècle vibrierende Musik Korngolds, geistreich interpretiert durch Dirigent Lorenzo Viotti, kann und will der Regie nicht gänzlich folgen – ein Glücksfall.
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Ozeanriese mutiert zum KZ
(Krefeld, 19.4.2025) Regisseurin Dedi Baron verschachtelt in ihrer Inszenierung von Mieczysław Weinbergs „Die Passagierin“ klug die Zeitebenen der Überfahrt nach Brasilien auf dem Passagierschiff und die Begebnisse in Auschwitz.
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Punk punktet in der Oper
(Gelsenkirchen, 13.4.2025) Die mehr als schillernde Biografie des DDR-Punkrockers Dieter „Otze“ Ehrlich bietet eine (musik-)theatralische Steilvorlage, die das Kollektiv „Dritte Degeneration Ost“ weidlich zu nutzen weiß.
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Es rumort in der Keramikfabrik
(Berlin, 13.4.2025) An der Staatsoper Unter den Linden kommt Vincenzo Bellinis „Norma“ in einer starken Besetzung zu Festtagsehren – zumindest musikalisch. Das Inszenierungskonzept verheddert sich in Widersprüchen.
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Otello Fashion Week
(Bremen, 13.4.2025) Am Theater Bremen wird aus „Otello“ eine schillernde Show toxischer Männlichkeit – musikalisch souverän und getragen von einem starken Chor und starken Hauptpartien.
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Sakrosankte Kapitalismus-Dystopie
(Wuppertal, 13.4.2025) Die einmal mehr umjubelte Brecht-/Weill-Kompilation gerät zu einem alterslosen Beitrag für hedonistische Emanzipationsutopie: Pina Bausch war ihrer Zeit weit voraus, was ihre Kreation aus dem Jahr 1976 grandios beweist.
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Die Kirschblüte – ein Abschiedstopos?
(Baden-Baden, 12.4.2025) Bei den Osterfestspielen Baden-Baden gelingt Regisseur Davide Livermore über die mitreißende wie wirkmächtige Opulenz seines Bühnenbilds hinaus mit einem geschickten Regie-Kniff eine neue Betrachtung auf den stark beanspruchten „Butterfly“-Stoff. Kirill Petrenko liefert den passenden cineastischen Sound dazu.
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Delirium aus der Pipette
(Meiningen, 12.4.2025) Ein bemerkenswert junges Ensemble erklimmt in „Tristan und Isolde“ den Mount Everest des Wagner-Gesangs gemeinsam mit GMD Killian Farrell, der eine hohe Sensitivität im Rausch beweist. Die Regie von Verena Stoiber allerdings enttäuscht.
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Ist Gott tot?
(Hannover, 11.4.2025) Zum Ende der Intendanz von Laura Berman gelingt eine exemplarische Exegese des in jeder Hinsicht anspruchsvollen Werks „The Greek Passion“ von Bohuslav Martinů. Seine Landsfrau Barbora Horáková bringt eine unfasslich bildstarke wie berührende Übersetzung des Geschehens zwischen Gegenwart, Mythos und Bibelwahrheit auf die Bühne.
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Extrafeuchtes Intermezzo mit Bowle und Orgie
(München, 10.4.2025) Nicht nur Wien ist eine Operettenhochburg: Der regieführende Intendant Josef E. Köpplinger sorgt auch am Gärtnerplatztheater für spritzige Champagnerlaune und ein Walzerdelirium unter der Gürtellinie. Der Feuerwehreinsatz war zur Premiere von „Waldmeister“ indes nicht geplant.
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Drastische Dezenz
(Kiel, 5.4.2025) Die fünfaktige französische Fassung von Verdis grandioser Schiller-Oper wird dank des hohen Abstraktionsgrades der Inszenierung von Immo Karaman zu einem schonungslosen wie zeitlosen Psychogramm des spanischen Infanten Don Carlos.
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In der Hölle der Erinnerung
(Weimar, 5.4.2025) Jossi Wieler und Sergio Morabito wagen in der Ausstattung von Anna Viebrock eine spektakuläre Inszenierung von Mieczyslaw Weinbergs Opernsolitär „Die Passagierin“.
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Tod und Leben als bleibende Rätsel
(Frankfurt, 30.3.2025) Aribert Reimann vertonte 2017 für die Deutsche Oper Berlin Dramen Maurice Materlincks und fügte sie zum Triptychon: Regisseurin Daniela Löffner lauscht nun über Maeterlincks scheinbar alltägliche, doch tatsächlich hochsymbolische Sprache hinaus mitten in Reimanns Partitur hinein.
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Hypnotische Überwältigungsmusik
(Gera, 28.3.2025) Für die phänomenale Wiederentdeckung von Eugen d’Alberts Musikdrama „Die toten Augen“ setzt der regieführende Generalintendant Kay Kuntze auf ein subtiles Kammerspiel und wagt für den religiös-symbolischen Überbau geschickt verdeutlichende Kunstgriffe.
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Ausbeutung und wildes Lieben
(Wien, 25.3.2025) Operette in Anführungszeichen: Der politisch heute gar nicht mehr korrekte Titel verlangt die Überschreibung, die das umfassende Festprogramm von „Johann Strauss 2025 Wien“ gemeinsam mit der Musicbanda Franui wagte – und damit gewinnt.
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Nichts als Nihilismus
(Genf, 25.3.2025) Der einstige Skandalregisseur Calixto Bieito und der kluge Dirigent Alejo Pérez verständigen sich auf eine konsequente Lesart von Mussorgskis Volksdrama, die aus dessen disparater Dramaturgie die tragische Wiederholung der brutalen russischen Geschichte herausliest.
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Im Urwald der Klänge
(Zürich, 23.3.2025) Die Uraufführung von Beat Furrers neuer Oper „Das große Feuer“ unter Leitung des Komponisten in einer Inszenierung von Tatjana Gürbaca besticht mehr durch atmosphärisches Ahnen denn durch klares Erzählen. Ihr berührendes Thema ist die Vernichtung der Lebensräume von indigenen Völkern als Kollateralschaden des vermeintlichen Fortschritts.
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„Man steht ständig auf Messers Schneide“
Pianist Leif Ove Andsnes über sein neues Album, die Wiederbegegnung mit der Musik von Franz Liszt und Auftritte in den USA.
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