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Akademie der Künste: Memories in Music 2021

Musikalische Expeditionen

Beim Festival zeitgenössischer Musik „Memories in Music“ lädt die Berliner Akademie der Künste zu digitalen Konzerten, Audiowalks und einem Symposium.

vonMatthias Nöther,

Geschichte und Erinnerung – sie bestehen nicht nur aus Bildern und Schrift. Auch mit den Mitteln der Musik sind sie in den vergangenen Jahrzehnten und Jahrhunderten festgeschrieben worden. Gesellschaftliche Transformationen und die Bemühung, das koloniale Erbe Europas zu hinterfragen, sorgen für Kritik und Veränderung an unserer musikalischen Erinnerungskultur, die sich weithin „Klassik“ nennt. Sie reichern diese Kultur mit musikalischen Aspekten aus der ganzen Welt an und verlassen dabei auch das traditionelle Setting des Konzerts: Ute Wassermann und Sabine Vogel lassen Fabelwesen vom Dach der Akademie der Künste trillern. Ihr Instrumentarium besteht aus Stimme, Flöten und Vogelpfeifen. Wie bestimmte Tierarten, zum Beispiel Nachtigallen und Delfine, weben sie erinnerte Liedfragmente und neu entdeckte Motive zu einem akustischen Raum.

Horizonte der Klangkunst

Die jahrhundertelange Ungerechtigkeit gegenüber dem Volk der Samen im Norden Skandinaviens kann sich in Vokalimprovisationen in der Sprache Ume Sámi niederschlagen, die von Katarina Barruk in einem Film mit elektronischen Live-Zuspielungen dargeboten wird. Ein anderer Versuch, musikalische Erinnerungskultur aufzubrechen, erfolgt durch Experimente mit den Instrumenten Walter Smetaks aus den siebziger Jahren – jenes Cellisten, der im brasilianischen Regenwald über hundert neue Musikinstrumente für nicht-europäische Tonsysteme erfand. Der Schweizer Smetak legte die Musik in farbigen Partituren nieder. Diese frühen Zeugnisse brasilianischer Klangkunst sind beim Festival zu erleben, begleitet von Filmsequenzen.

Die Klangkünstlerin Kirsten Reese beschäftigt sich mit dem brandenburgischen Naturforscher Ludwig Leichhardt, dessen Expeditionen im Norden Australiens bis heute tiefe Spuren hinterlassen haben. Reese imaginiert im Eröffnungskonzert des Festivals Leichhardts eigenen Musikhorizont aus dem Europa des mittleren 19. Jahrhunderts, lässt diesen Horizont mit den Klängen von Natur und Naturvölkern in Dialog treten und ruft gemeinsam mit dem Ensemble Adapter zu gegenseitigem Zuhören auf. Ein geplanter Outdoor-Parcours an der Akademie der Künste wurde ins Internet verlagert.

concerti-Tipp:

Memories in Music – Festival zeitgenössischer Musik
Akademie der Künste Berlin
6. bis 9. Mai & 6. bis 7. August 2021
Hier geht’s zu den Streams und weiteren Infos.

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