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FESTIVALGUIDE Kissinger Winterzauber 2015

Winterzauber statt Adelsprunk

Einst zog es Könige und Kaiser nach Bad Kissingen – heute locken Festivals mit Klassik, Jazz und Schauspiel

vonTeresa Pieschacón Raphael,

Im 19. Jahrhundert dünkte Bad Kissingen so manchem als glücklicher Garten Eden ganz Europas. Kaiser, Könige und Künstler, ja sogar die Anverwandtschaft verschiedener Napoleons kamen hierher, um im Kurgarten zwischen bunten Blumenbeeten, Baumalleen und dem prächtigen Arkadenbau zu verweilen. Allen voran erklomm damals die kapriziöse Kaiserin Sisi von Österreich-Ungarn jeden Tag einen Hügel – weshalb heute ein 3,3 Kilometer langer Wanderweg nach ihr benannt ist.

„Im Sommer, wenn unter den Linden kein Lüftchen sich bewegt, da ist des Kaiserreichs Schwerpunkt nach Kissingen verlegt“, dichtete Theodor Fontane und verewigte in denselben Versen gleich noch ein paar Kurgäste wie Leo Tolstoi und den Maler Adolph Menzel mit – letzterer war sogar so oft da, dass ihm die Kurstadt die Ehrenbürgerwürde verlieh. Der Bevölkerung in Erinnerung blieb indes allein sein Sturz in der „Weinstube Schubert“, als er auf dem Weg zum stillen Örtchen versehentlich die falsche Türe öffnete …

Zahlreich auch die Musiker von Rossini über Strauss bis Reger, die den schönen Ort an der Fränkischen Saale besuchten. Wohl auch, weil dieser irgendwie immer verschont blieb von den Katastrophen der vergangenen acht Jahrhunderte – selbst vom Luftangriff der Alliierten im März 1945 auf das nahegelegene Würzburg. Beim Anflug öffneten sich über Kissingen zwar die Bombenschächte der Flugzeuge, doch aus den Rümpfen fielen keine Bomben, sondern Flugblätter: „Kissingen werden wir schonen, denn dort wollen wir wohnen.“ Und bewahrten damit auch den Bahnhof, einen neoklassizistischen Palast von herrschaftlichen Dimensionen.

Heute kommen dort die Züge nicht mehr aus Wien, Berlin oder St. Petersburg, sondern aus Hammelburg, Schweinfurt und Würzburg: Kissingen ist vor allem ein Ziel für Krankenkassenpatienten.

Abmagerungskur für den Eisernen Kanzler

„Schön sein wie Sisi“ oder „Abnehmen wie Fürst Bismarck“ versprechen die Gesundheitsprogramme in Erinnerung an den wohl schwersten Kurgast: den Eisernen Kanzler, der bei 15 Kuraufenthalten angeblich 750 Pfund abspeckte – 50 Pfund pro Kur.

Mögen der imperiale Prunk des Adels und sein Glamour inzwischen auch dahin sein, so sorgen heute die beiden alljährlichen Festivals für Glanzlichter. Im Sommer ist es die erste Garde der internationalen Klassik- und Schauspielkunst, die sich vier Wochen lang im Rahmen des Internationalen Musikfestivals ein Stelldichein gibt – im Winter ist es der „Kissinger Winterzauber“, das Festival zur vierten Jahreszeit, das mit einem Mix aus Klassik, Pop, Jazz und Crossover gut drei Wochen lang unterhält. Und dabei auch populäre große Namen nicht scheut: Mario Adorf, Ben Becker, Senta Berger, Gudrun Landgrebe sowie Klaus Maria Brandauer waren bereits da, in diesem Jahr wird „Alarm für Cobra 11“-Star Tom Beck erwartet.

Viele dieser Konzerte finden im Max-Littmann-Saal im Regentenbau statt, einst der „Fürst unter den Konzertsälen“: Nirgendwo war die Akustik besser, fast alle großen Orchester machten vor dem 2. Weltkrieg hier ihre Tonaufnahmen. Richard Tauber, Benjamino Gigli, Zarah Leander traten dort auf, Franz Léhar und Oswald Kabasta dirigierten. Und beim Blick auf den schweren Brokat-Baldachin der Königsloge könnte der Betrachter für einen Moment fast vergessen, dass heute in Kissingen nicht mehr in Champagner gebadet, sowndern auf ihn verzichtet wird – wegen des Zuckerspiegels.

Die Festivaldaten im Überblick:

Zeitraum: 17.12.15 – 09.0.16

Künstler: The Ukulele Orchestra of Great Britain, Viva Voce, Berliner Symphoniker u.a.

Ort: Bad Kissingen

Was es im Bereich Festival zu entdecken gibt, stellen wir Ihnen in unserem Festivalguide vor.

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