Als künstlerischer Leiter der Audi Sommerkonzerte 2023 ist Sebastian Wieser für die Programmgestaltung des Festivals zuständig.
Vielfalt, Innovationsfreude und Publikumsnähe stehen im Zentrum der Audi Sommerkonzerte. Wie bringt das Festival diese drei Punkte zusammen?
Sebastian Wieser: Publikumsnähe ist uns sehr wichtig. Deshalb wollen wir uns gerne direkt mit unserem Publikum austauschen, damit auch wir Anregungen oder auch Kritik zurückbekommen. Als zentralen Anlaufpunkt haben wir dafür erstmals ein Festival-Café mitten in der Stadt eingerichtet, wo alle Interessierten jederzeit hinkommen können. Es ist uns dabei ein sehr großes Anliegen, dass wir nicht nur ein Festival in der Stadt, sondern auch für die Stadt sind – und natürlich auch darüber hinaus. Unsere Innovationsfreude wiederum zeigt sich vor allem in unseren Konzertformaten, die teilweise auch experimentell oder grenzüberschreitend sind. Das Signum Quartett zum Beispiel vermischt in seinem Programm „Zwischen Arkadien und Anarchie“ Klassik mit Rock-Musik. Auch das Delian Quartett präsentiert zusammen mit Jazzpianistin Julia Hülsmann ein spezielles Projekt, in dem Haydns „Die sieben letzten Worte unseres Erlösers am Kreuze“ mit Jazz-Improvisationen kombiniert werden. Solche Formate zeigen auch die Vielfalt der Audi Sommerkonzerte auf. Wir sind eben kein rein klassisches Musikfestival, sondern blicken auch über den Tellerrand hinaus.
Woher kommt der Mut zum Experimentellen?
Wieser: Ich denke, das liegt auch einfach ein bisschen in den Genen von Audi. Innovationsfreude und der Mut, etwas Neues auszuprobieren, sind ja ganz essentiell auch im unternehmerischen Sinne. Gleichzeitig ist es natürlich auch einfach für das Publikum deutlich interessanter und spannender, wenn man den Blick etwas öffnet, sich auf etwas Neues einlässt und sich vielleicht auch mal überraschen lässt.
Ein wichtiger Schwerpunkt ist die Nachwuchsförderung. Wie genau setzt sich das Festival hier ein?
Wieser: Zum einen wollen wir jungen Künstlerinnen und Künstlern der jüngeren Generation eine große Bühne bieten und sie gemeinsam mit arrivierten Stars der Klassikszene auftreten lassen. Ein Beispiel ist in diesem Jahr das Konzert der jungen, aufstrebenden Jussen-Brüder, die mit Kent Nagano und dem Deutschen Symphonieorchester Berlin renommierte musikalische Partner an die Seite gestellt bekommen. Zum anderen haben wir auch unsere eigene Jugendchorakademie, die, wie der Name schon sagt, aus jungen Menschen zwischen 16 und 27 Jahren besteht und damit auch junge Leute ansprechen und begeistern soll. Die Audi Jugendchorakademie ist erstmals mit einer großen Eigenproduktion zu erleben. Eine besondere Herzensangelegenheit ist natürlich auch das Eröffnungskonzert mit dem Youth Symphony Orchestra aus der Ukraine unter der Leitung von Oksana Lyniv. Diese jungen Talente musizieren einfach mit einer unglaublichen Hingabe, da kommen sehr viele Emotionen rüber – vor allem natürlich auch vor dem Hintergrund der politischen Situation.
Die neue Eigenproduktion der Audi Jugendchorakademie zeigt die „Faust-Szenen“ von Robert Schumann. Wie kam es zu dem Projekt?
Wieser: Eigenproduktionen wie diese sollen in Zukunft einen Schwerpunkt bei den Sommerkonzerten bilden, um dem Festival eine besondere Note zu verleihen. Es ist immer toll, Gäste einzuladen, aber wenn man etwas selbst auf die Bühne bringt, ein Projekt, das es in dieser Form nur in Ingolstadt gibt, dann ist das ein Alleinstellungsmerkmal der Sommerkonzerte. Da die Audi Jugendchorakademie in der Vergangenheit schon mehrfach mit den Duisburger Philharmonikern und Axel Kober zusammengearbeitet hat, lag die Umsetzung einer Koproduktion hier auf der Hand. Unter der Regie von Michael Sturminger, den man von seiner Salzburger „Jedermann“-Inszenierung kennt, werden die „Faust-Szenen“ von Robert Schumann halbszenisch und unter Zuspielung von Videoprojektionen aufgeführt. Die „Faust-Szenen“ sind ein sehr interessantes, aber selten gespieltes Werk, für das man eine sehr gute Solistenriege braucht, die wir glücklicherweise mit Franz Josef Selig, Kerstin Avemo und Michael Nagy besetzen konnten. Kleinere Solo-Partien werden zudem auch von Mitgliedern unserer Jugendchorakademie übernommen.
Worauf freuen Sie selbst sich am meisten?
Wieser: Natürlich freue ich mich auf alles! Aber ein ganz großes Highlight ist für mich, dass es uns gelungen ist, Martin Grubinger nochmal nach Ingolstadt zu holen, bevor er in diesem Jahr seine Karriere beendet. Er war schon öfters bei den Sommerkonzerten zu Gast, und es ist jedes Mal eine wahnsinnig energetische, von technischer Perfektion getriebene Kunst, die er da auf die Bühne bringt.