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PORTRÄT MARTINA GEDECK

„Die Bühne war ihr Lebenselixier“

Die Schaupielerin Martina Gedeck liest Clara Schumann

vonArnt Cobbers,

Dass eine Schauspielerin auf der Bühne die gleiche Rolle verkörpert wie im Film, ist selten. Dass sie es auf der Konzertbühne tut, noch seltener. Bei Martina Gedeck und Clara Schumann ist dies der Fall – wobei verkörpern nicht ganz richtig ist. 2006 gab die in München geborene Berlinerin ihre erste Lesung mit Sebastian Koch als Liebes- und Brautpaar Schumann. Dann drehte sie mit Helma Sanders-Brahms den Kinofilm Geliebte Clara. „Das ist wirklich kurios, Helma wusste nichts von unseren Rezitationsabenden!“, beteuert Martina Gedeck. Nun präsentieren die beiden Film- und Fernsehstars erstmals in Berlin den Abend „Szenen einer Ehe“, in dem sie aus dem gemeinsamen Ehetagebuch der Schumanns lesen. Dazu gibt es lieder aus dem von beiden Schumanns komponierten Zyklus Liebes­frühling und Auszüge aus den Violinsonaten von Schumann und Brahms.

„Das Besondere an diesem Musik- und Lied-Gewebe ist, dass sich eines aus dem anderen entwickelt und plötzlich so ein Schumannscher Geist entsteht. Dass Robert und Clara plastisch werden, schafft man nur, wenn  man die Texte so spricht, als würde man sie gerade schreiben und empfinden. Aber wir wollen nicht mehr bieten als der Text – Briefeschreiben und -lesen ist ja etwas Statisches.“

Einen gewichtigen Teil des Abends hat Martina Gedeck zusammengestellt – schließlich ist sie durch den Film zur Clara-Schumann-Expertin geworden. „Es gibt ja so etwas wie Einfühlung. Ich habe alles gelesen, was sie geschrieben hat, und da habe ich gemerkt, dass sie ihre Briefe sehr emotional und lebendig schreibt, sie hatte starke Gefühle und Humor. Und sie hat das Leben genossen. Das Leben an Schumanns Seite und in den Musikerkreisen hat ihr sehr gefallen. Es gibt diese Legende, sie sei unterdrückt und am Komponieren gehindert worden. Ich glaube das nicht. Sie war eine besessene Konzertpianistin, die Bühne war ihr Lebenselixier, nichts anderes hat sie interessiert. Sie hätte komponieren können – es gab ja Komponistinnen zu ihrer Zeit. Aber statt Lieder zu schreiben, hat sie Briefe geschrieben.“

Während der erste Abend, „Myrthen“ genannt, ein einziges literarisches Flirten war, steuern die „Szenen einer Ehe“ auf die Katastrophe zu, Schumanns versuchten Selbstmord und Tod. „Wieso hat sie ihn ins Sanatorium gehen lassen, und wieso hat sie ihn nicht besucht? Ich glaube, man hatte ihr gesagt, ihre Besuche seien nicht gut für ihn – sie ging auch davon aus, er werde bald wieder genesen. Vielleicht hatte es aber auch ein Zerwürfnis gegeben – Schumann hat, bevor er sich in den Rhein stürzte, seinen Ehering abgestreift, das war das Zeichen der Beendigung der Ehe. Schumann ist trotzdem der wichtigste Mensch in ihrem Leben geblieben. Ich glaube, das war eine große Liebe.“

Ob es einen dritten musikalischen Abend mit Gedeck und Koch, vielleicht als Clara und Brahms, geben wird, ist noch offen. Martina Gedeck machen solche Abende viel Spaß. Mit dem Pianisten Sebastian Knauer trat sie schon als Bettina von Arnim, die über ihre Begegnung mit Beethoven berichtet, und Gershwins Schwester auf  die Bühne. Auch privat begleitet die Musik Martina Gedeck. Sie hat Geige gespielt und als Jugendliche Bach und Verdis Requiem in der Philharmonie gesungen. Und vor einem halben Jahr hat sie angefangen, Klavier zu lernen. „Ich bin ganz stolz, dass ich schon zweihändig Stücke spielen kann, das hat mich anfangs zur Verzweiflung getrieben. Es ist so etwas Schönes, wenn man selbst Musik machen kann.“ Vielleicht kann Martina Gedeck Clara Schumann ja bald auch auf dem Klavier spielen.

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