Herr Braunstein, wie kamen Sie auf die Idee, aus dem Beatles-Album „Abbey Road“ ein eigenes Violinkonzert zu erarbeiten?
Guy Braunstein: Wir hatten zu Hause ein Beatlemania-Problem! Mein Sohn war total besessen und wollte immer, dass ich die Beatles spiele. Ich beschloss, einen Song für Klavier und Violine zu arrangieren. So fing ich an, wieder „Abbey Road“ zu hören – weil ich das Album liebe – nur, um einen passenden Song zu finden. Ich merkte schnell, dass mir alles gefiel: „Something“, „Oh! Darling“ und „Come Together“! Ich konnte mich einfach nicht festlegen und entschied mich, das Ganze für ein Orchester zu arrangieren. So ist es ein 35-minütiges Violinkonzert geworden. Soviel zu dem Versuch, nur einen Song zu machen.
Ist es für Sie ein Unterschied, ob Sie ein Stück von Brahms oder den Beatles zu spielen?
Braunstein: Gute Musik ist gute Musik. Ich halte mich nicht an Genres und die Kategorien, an die sich die Leute anpassen. Ob ich nun Lennon und McCartney oder Ray Charles oder Stevie Wonder oder Tschaikowsky oder Puccini spiele – das für mich so ziemlich dasselbe. Wichtig ist mir allerdings zu erwähnen, dass mein „Abbey Road Concerto“ nicht zum berühmt-berüchtigten Crossover zu zählen ist: Es ist ein hochvirtuoses Stück in klassischer Form – die Melodien und Harmonien sind zwar typisch für die Beatles, aber insbesondere die Orchestrierung erinnert an Prokofiev. Und selbst ich muss üben, weil es so schwierig ist!
Warum haben Sie sich entschieden, Delius’ Violinkonzert und „The Lark Ascending“ hinzuzufügen?
Braunstein: Das Orchester fand heraus, dass das Violinkonzert von Frederick Delius im selben Studio wie Abbey Road aufgenommen wurde. Das Gleiche gilt für Vaughan Williams’ „The Lark Ascending“. Sie entdeckten eine historische Verbindung, die mir nicht bewusst war – toll! Beide Stücke habe ich seit langer Zeit im Repertoire, sie liegen mir sehr am Herzen. Dass ich sie gemeinsam mit meinem eigenen Violinkonzert in Zusammenarbeit mit meiner guten Freundin Alondra de la Parra und dem L‘Orchestre philharmonique royal de Liège aufnehmen konnte, ist eines der großen Geschenke meines Lebens.