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Buchrezension – Herbert Haffner: Wen die Götter lieben

„Supernovae“ der Klassik

Herbert Haffner porträtiert in „Wen die Götter lieben“ allzu früh verstummte Künstler.

vonEcki Ramón Weber,

Die Neuerscheinung „Wen die Götter lieben“ von Herbert Haffner präsentiert zwanzig früh verstorbene Ausnahmetalente des 20. Jahrhunderts. Als vorzeitig verglühte „Supernovae“ bezeichnet sie der Autor. Darunter befinden sich Legenden wie die Cellistin Jaqueline du Pré, die Geigerin Ginette Neveu, die Pianisten William Kapell und Glenn Gould, die Dirigenten Ataúlfo Argenta, Guido Cantelli und Giuseppe Sinopoli, der Geiger Oscar Renardy sowie die Tenöre Joseph Schmidt, Mario Lanza und Fritz Wunderlich. Trotz des poetischen Buchtitels sind die kompakten Porträts erfreulich sachlich gehalten und trotzdem sehr anschaulich, untermauert mit Zitaten aus Kritiken und von Zeitzeugen.

Erfreulich: Die Schilderungen drängen einem keine küchenpsychologischen Mutmaßungen oder sonstigen Erklärungsversuche auf. Der Leser kann selbst seine Schlüsse aus den Fakten ziehen. Zum Beispiel, dass die zunehmende Kommerzialisierung der Klassik durch Massenmedien, Schallplatte und Flugverkehr auch die Schlagzahl von Konzertauftritten und Einspielungen beschleunigte und damit den Leistungsdruck erhöhte. Einige der erwähnten Künstler starben bei Flugzeugabstürzen oder bei Autounfällen. Sensible und manische Naturen wurden im fortschrittsgläubigen Turbobetrieb aufgerieben. Auch die Verwerfungen durch Diktaturen, Kriegen und Exil prägten manches Schicksal. Gleichzeitig vermitteln die Lebensbilder eindrücklich die Faszination der Musik und bieten Einblicke in die Kunst der genialen Interpretation. Und die Einsicht: Großes Talent blüht überall, in jedem Milieu.

Autor Herbert Haffner
Autor Herbert Haffner

Wen die Götter lieben. Zwanzig Porträts frühverstorbener Klassik-Interpreten
Herbert Haffner
Königshausen & Neumann, 260 Seiten
24,80 Euro

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