Startseite » Rezensionen » Jahreszeiten-Achterbahn im Phantasialand

CD-Rezension Nigel Kennedy – Vivaldi

Jahreszeiten-Achterbahn im Phantasialand

Nigel Kennedy und Roby Lakatos: Zwei Extrem-Geiger spielen Vivaldi und mehr – ein Vergleich

vonChristoph Vratz,

Vivaldis Vier Jahreszeiten sind abgezopft, sie hängen, als Mutters Beste, auf ewig im CD-Schaufenster. Offenbar brauchen sie eine Verjüngungskur. Den Eindruck gewinnt man zumindest, wenn man sich die neuesten Beiträge vornimmt.

Da ist zum einen Roby Lakatos, dieser ungarische Teufelsgeiger, der hier erstmals ein „klassisches“ Werk aufgenommen hat, „nach Zigeuner-Art“, wie er im Beiheft selber schreibt, mit vielen Freiheiten, mit viel Feingespür. Notentreue? Nicht wirklich. Lakatos will den barocken, improvisatorischen Geist („Drive“ nennt er es) zum Ausdruck bringen. Und Lakatos wäre nicht er selbst, würde er nicht eine schrille Kehrseite des Vivadi-Kosmos präsentieren: Mit Kálmán Cséski hat er zwei Werke komponiert, Alpha und Omega, die den hehren Vivaldi umrahmen, sowie ein Ave Maria des georgischen Patriarchen Ilya II. Eine kühne Aufnahme, nicht jedermanns Geschmack, aber urmusikantisch.

Auf der anderen Seite Nigel Kennedy, der Vivaldi verfremdet, verschönt, verwildert hat, mit Nebenstimmen, und tirilierenden Effekten: Gesumme, Gepfeife, mit modernen Instrumenten und Stilen. It’s Kennedy! Der Experimentator, mit Hang zu unberechenbaren Manövern. Wo Lakatos eine eigene Auffassung von historischer Nähe zeigt, legt Kennedy seinen Vivaldi auf den Schleudersitz und fährt einmal damit Achterbahn im Phantasialand. Sehr freiheitlich, aber nie flüchtig.

Vivaldi: Die vier Jahreszeiten                                         

Nigel Kennedy (Violine)

The Orchestra of Life

Sony Classical

 

  

 

 Vivaldi: Die vier Jahreszeiten u. a.

 Roby Lakatos (Violine)

 Brussels Chamber Orchestra

 avanti classic 

 

   

 

Auch interessant

Rezensionen

Aktuelle Rezensionen

  • Tag 10
    Der Klingende Adventskalender: 10. Dezember 2025

    Tag 10

    Heute können Sie dank unseres Klingenden Adventskalenders wieder einen tollen Preis gewinnen. Können Sie unser Musikrätsel lösen? Probieren Sie es am besten gleich aus!

Anzeige

Audio der Woche

Bach trifft Brahms – J. S. Bach-Stiftung auf historischen Instrumenten der Brahms-Zeit

Mit der reizvollen Kombination aus Bachs Kantate BWV 27 und Brahms’ Ein deutsches Requiem spannt diese elektrisierende Liveaufnahme unter dem Dirigat von Rudolf Lutz einen Bogen zwischen zwei musikalischen Giganten und erkundet zugleich das romantische Potenzial Bachs.

Newsletter

Jeden Donnerstag in Ihrem Postfach: frische Klassik!