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Viktor Ullmann zum 125. Geburtstag

Ahnvater des 21. Jahrhunderts

In Erlangen wird an vier Abenden das Wirken des im KZ Auschwitz-Birkenau ermordeten Komponisten Viktor Ullmann beleuchtet.

vonEcki Ramón Weber,

Seit den zwanziger Jahren gehörte er zu den prägenden Komponierenden der Moderne: Viktor Ullmann war neugierig, vielseitig und experimentierfreudig. In Wien lernte er bei Arnold Schönberg, später hat er individuelle Konsequenzen aus der Reihentechnik gezogen. Er hat sich mit Mikrotonalität beschäftigt, in seiner Musik die Modetänze der Revuen und Nachtclubs und auch den Jazz verarbeitet, spätromantischem Erbe und Expressionismus eine eigene Schärfe verliehen und sich im neoklassizistischen Zugriff auf Traditionen bezogen. Gerade in seinem Nonkonformismus, seiner Offenheit und angesichts seiner Unabhängigkeit von jeglichen künstlerischen Dogmen kann er als einer der Ahnväter der Musik des 21. Jahrhunderts betrachtet werden.

Viktor Ullmann wirkte als Kapellmeister in Prag und Zürich, war exzellenter Pianist und arbeitete als Musiklehrer und Journalist. Dieses hochproduktive, international ausstrahlende Schaffen wurde vom NS-Terror brutal beendet: Ullmann, dessen Eltern zum Katholizismus konvertierte Juden aus Schlesien waren, wurde 1942 ins KZ Theresienstadt deportiert. Zwar notierte er einmal: „Zu betonen ist nur, dass ich in meiner musikalischen Arbeit durch Theresienstadt gefördert und nicht etwa gehemmt worden bin.“ Tatsächlich hat er sogar seine Oper „Der Kaiser von Atlantis“ in Theresienstadt komponiert.

Vierteilige Veranstaltungsreihe zum Gedenken an Viktor Ullmann

Aber letztendlich waren die Gefangenen dort „Schachfiguren eines grausamen Spiels“ der „Propagandamaschinerie der Nazis“, wie der New Yorker Musikkritiker Alex Ross es in seinem Buch „The Rest is Noise“ formuliert. Denn die Nazis präsentierten Theresienstadt der Weltöffentlichkeit als eine Art Vorzeigelager. Doch nachdem sich 1944 eine Delegation des Internationalen Roten Kreuzes über die Zustände im für den Besuch entsprechend hergerichteten KZ informiert hatte und nachdem ein NS-Propagandafilm abgedreht war, begannen die Transporte in die Vernichtungslager. Viktor Ullmann wurde am 18. Oktober 1944 in Auschwitz-Birkenau ermordet.

In Erlangen erinnert nun ab März eine vierteilige Veranstaltungsreihe an das Wirken von Viktor Ullmann. Mit Kammermusik, Vokalwerken und Ausschnitten aus seinem Musiktheater, zudem mit Vorträgen, die Hintergrundinformationen liefern.

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