Niedersächsische Musiktage 2021

Auf dem Weg zu neuen Ritualen

Die Niedersächsischen Musiktage reflektieren unter dem Motto „Rituale“ musikalische Gepflogenheiten und schaffen Verbindungen zu Ritualen unterschiedlicher Kulturen und Zeiten.

© Helge Krückeberg

Intendant der Niedersächsischen Musiktage: Anselm Cybinski

Intendant der Niedersächsischen Musiktage: Anselm Cybinski

Der Espresso im trubeligen Foyer, der Plausch mit dem Garderobenpersonal, das man seit Jahren kennt, auch die Programmkombination „Zeitgenössisches – Solokonzert – Sinfonie“: Wie präsent und wie wichtig solcherlei Rituale rund um den Konzertabend sind, konnte man in den letzten anderthalb Jahren ganz wunderbar feststellen, und zwar schlicht deshalb, weil es sie plötzlich nicht mehr gab. Zum Konzertstream im unaufgeräumten Wohnzimmer gab’s dann Bier aus der Flasche und ein Käsebrot, über die recht häusliche Garderobe schwieg man sich besser aus, aber immerhin haben die Programme in der Corona-Zeit ein teils sehr schmuckes Facelifting erhalten.

Die Veranstalter der Niedersächsischen Musiktage treffen also exakt den Zeitgeist, wenn sie Ihre kommende Ausgabe mit „Rituale“ übertiteln. Wie unterschiedlich Rituale sein können, ergibt sich gleich aus dem Konzertprogramm: Es werden Konventionen aus der Vergangenheit zutage gefördert, indem etwa das ensemble reflektor den Gedanken der durchritualisierten Serenade zu Mozarts Zeiten beleuchtet. Pianist Markus Becker wiederum möchte mit seinem Projekt „Re: Beethoven“ die Rezeption des Bonner Komponisten ein Stück weit ent-ritualisieren. Auch das gegenwärtige Berlin erfährt seine Würdigung in Form einer musikalisch begleiteten Lesung von Thorsten Nagelschmidts Roman „Arbeit“, in dem der Autor die Rituale des Berliner Nachtlebens aus der Sicht der im Nachtleben arbeitenden Bevölkerung beschreibt.

Reflektieren musikalische Gepflogenheiten: Niedersächsische Musiktage

Vielleicht vermag das Festival mit seinen von hochgradig spannenden Künstlern bestrittenen Reflexionen über (musikalische) Gepflogenheiten einen Beitrag zu leisten hin zu neuen Konzertformen und damit auch zu neuen Konzertritualen. „Die kleinen Rituale des Alltags, aber auch die größeren des Lebenslaufes oder der politischen Öffentlichkeit – sie alle wollen neu überprüft werden“ erklärt denn auch der Intendant der Niedersächsischen Musiktage Anselm Cybinski mit Blick auf die anstehenden Konzerte, aber auch mit Blick auf die besonderen Begebenheiten unserer gegenwärtigen Welt.

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