Der dänische Komponist Rued Langgaard (1893–1952) gab seinen Zeitgenossen Rätsel auf, schien er doch einerseits zurück in die Romantik, andererseits vorwärts zu streben, hin zu einer Avantgarde, wie sie erst Jahrzehnte später entstehen sollte. Bendt Viinholt Nielsen erklärt diese Ambivalenz so: „Alle kompositorischen Elemente des jeweiligen Werks, Form, Klang und Stil, sind einer spezifischen Idee unterworfen (…) Deshalb erkennen wir bei Langgaard ein so breites Spektrum individueller Ausdrücke und Formen.“ Der Sohn zweier Pianisten fiel schon als Kleinkind durch eine immense musikalische Begabung auf. Unterricht durch Außenstehende genoss er indes kaum, waren die Eltern doch überzeugt, sein Genie werde sich ohne solche Einflüsse Bahn brechen. Als religiöse Fanatiker erwarteten sie von dem Sohn eine Art Neuschöpfung der Musik, die deren göttlichen Inhalt offenbaren sollte.

Junge Menschen können an einer geringeren Bürde zerbrechen, bei Langgaard kamen physische wie psychische Beeinträchtigungen hinzu. Als Mensch und Künstler war er lebenslang Außenseiter, was seinen Schöpferdrang nicht beeinträchtigte: Er hat eine Oper, 16 Sinfonien, weitere Orchesterwerke, teils mit Chor und Vokalsoli, etliche Kammermusikwerke, darunter sechs Streichquartette, Werke für Klavier und Orgel, für Chor sowie zahlreiche Klavierlieder geschrieben. Aufgeführt wurde weniges, gedruckt noch weniger. Erst die Entdeckung seiner „Sphärenmusik“ durch Györgi Ligeti stieß eine erneute Beschäftigung mit Langgaards Musik an.
Rued Langgaard – Ein romantischer Komponist in turbulenten Zeiten
Bendt Viinholt Nielsen:
Wolke, 168 Seiten
24 Euro





