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Brandenburg (Havel): Jubiläum 300 Jahre Wagner-Orgel

Warme, farbige Klänge und ein derbes märkisches Plenum

Das 300-jährige Jubiläum der Wagner-Orgel im Dom St. Peter und Paul in Brandenburg (Havel) endet mit einer fünfstündigen Feier.

vonHelge Birkelbach,

Fast hätte man ihre Pfeifen eingeschmolzen. Als 1917 die Rüstungsindustrie dringend wertvolle Rohstoffe für den tobenden Krieg benötigte, wurde tatsächlich darüber nachgedacht, die historische Orgel im Dom zu Brandenburg auszuweiden. Zum Glück konnte das verhindert werden. Der Sachverständige Reinhold Kurth schrieb damals warnend: „Es gibt nur noch wenige Orgeln in Deutschland, auf welchen man die Tonschöpfungen Seb. Bachs so zu Gehör bringen kann, wie sie dem Meister selbst vorgeschwebt haben. Wir sind es deshalb einer späteren Generation schuldig, das Werk möglichst in seiner ursprünglichen Eigenart zu erhalten.“

Glückliche Umstände und richtige Entscheidungen haben dazu geführt, dass im Dom St. Peter und Paul zu Brandenburg an der Havel heute die am besten erhaltene Orgel von Joachim Wagner (1690–1749) steht. Mit ihren über 2 000 Pfeifen und 29 originalen der kompletten 33 Register ist sie sicher die historisch wertvollste Orgel Wagners. Insgesamt 51 Instrumente hat der märkische Baumeister, der bei Gottfried Silbermann und Christoph Treutmann in die Lehre ging, geschaffen. Davon existieren heute nur noch neun. Die größte und am besten erhaltene ist diejenige im Dom zu Brandenburg.

Authentische Barockmusik

Um Bau und bildliche Schönheit des stolzen Werks zu ehren, feiert die Domgemeinde nun das 300-jährige Jubiläum mit einem Festprogramm. Eigentlich hat man mit der Jahreszahl etwas geschummelt. Die Abnahme der Bauarbeiten und letzte Nachintonierungen fanden nämlich erst am 18. Juli 1725 statt.

Die Festlichkeiten begannen bereits im Juni mit einem Symposium. Domkantor Marcell Fladerer-Armbrecht freut sich jetzt auf die Konzerte. „Da atmen die Jahrhunderte durch den Klang“, formulierte er kürzlich bildhaft. „Goldrichtig“ sei man in seinem Gotteshaus, wenn man authentische Barockmusik hören wolle. Aber auch bei zeitgenössischen Kompositionen ginge das machtvolle Instrument nicht gleich in die Knie. „Wenn man die Orgel im Dom hört, ist man begeistert von diesen ganz warmen, farbigen Klängen. Andererseits gibt es so ein richtig derbes märkisches Plenum, einen vollen Klang, der einen wirklich ganz in den Bann zieht.“ Zum Abschluss des Jubiläums am 3. September erklingen „300 Minuten Orgelmusik“. Bei dem langen Programm müssen die Zuhörer nicht pünktlich um 13 Uhr erscheinen: Man darf mit seiner Karte auch später den Dom betreten und zwischendurch mal ein Päuschen einlegen.

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