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Hidalgo-Festival 2020

Sich einfach mal ’ne Stunde Klassik gönnen

Unter dem Motto „Scheitern“ trifft beim Hildalgo-Festival Hochkultur auf Nischenkunst.

vonTeresa Pieschacón Raphael,

Ein Abenteurer, ein freiheitsliebender Geist war er, der spanische Hidalgo, der im Roman von Miguel de Cervantes Saavedra (1547–1616) als Don Quijote durch die Wüste von La Mancha ritt. Ein bisschen so dürfte sich auch der Bariton Tom Wilmersdörffer gefühlt haben, als er 2018 beschloss, ausgerechnet in München, der deutschen Musikmetropole, ein Festival zu gründen. Beste Voraussetzungen brachte der in Freiburg und Toronto ausgebildete Opern- und Liedsänger mit, hatte er doch auch an der Münchner Ludwig-Maximilians-Universität BWL studiert. Mehr noch aber brennt der 30-jährige Münchner für das Lied, für Schumann und Schubert. Sein Ziel ist es, die Gattung (s)einer Generation nahe zu bringen, die meist noch nie davon gehört hat, in Locations, in die ein Dietrich Fischer-Dieskau sich nie verirrt hätte.

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Wie etwa die angesagten Clubs auf der sogenannten „Feierbanane“ zwischen Sendlinger Tor, ­Glockenbachviertel und Maximilansplatz, wo sich bis zu 13.000 Partywütige an jedem Wochenende einfinden. Mit Stolz dürfte Wilmersdörffer die Berichterstattung auf einer einschlägigen Website (muenchen.mitvergnuegen.com) nach einem Liederabend im September 2019 verfolgt haben. Als Beweis, dass „auch in München wilde Nummern abgezogen werden“, war dort von „zwei Typen“ die Rede, „davon einer im Unterhemd“, wie sie „ein klassisches Konzert mit Synthesizer, E-Gitarre und Videoelementen“ gaben und „Schubert neu“ interpretierten. „Und zwar so richtig: Mit elektronischen Exkursen und Visual Arts Elementen“.

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Christian Gerhaher ist Schirmherr des Hidalgo-Festivals

„Er frisiert die Klassik“, schrieb die TZ über einen Liederabend im Barber House inklusive Drink, Handmassage, Rasur und Knabberzeug. Ein Satz, der ohnehin Wilmersdörffers Devise spiegelt, diesen Mix aus Klassik und Techno, Song und Slam. Schuberts „Schwanen­gesang“ wird im Keller des Einstein mit Schauspiel, Licht- und Sounddesign aufgemotzt und Schumanns „Dichterliebe“ mit Slam Poetry, Elektro- und Deep-House-Variationen. Hauptsache kurzweilig, kein Konzert dauert länger als eine Stunde. Als Schirmherr hat er keinen Geringeren als den seriösen Christian Gerhaher gewinnen können. „Die meisten von uns gönnen sich doch eh zu wenig Klassik“, schreibt auch muenchen.mitvergnuegen.com und gibt als Hashtag heraus: #­radikalneu.

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