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Lieblingsstück Isang Enders

Richard Wagner: Tristan und Isolde

Cellist Isang Enders konzertiert international nicht nur solistisch, sondern auch kammermusikalisch mit breitgefächertem Repertoire.

vonRedaktion,

Es mag für einen Cellisten ungewöhnlich sein, doch mein Lieblingsstück ist Wagners „Tristan und Isolde“. Ich war in meinem Probejahr an der Staatskapelle Dresden, als ich es zum ersten Mal im Orchester gespielt habe. Man sitzt bereit, der Dirigent tritt ein und lässt die ­Pferde los, sechs Stunden später kommt man wieder raus. Es war regelrecht ein kathartisches Erlebnis, am Ende saß ich völlig erschöpft im Graben. Denn am ersten Pult ist das Cello wirklich sehr beschäftigt, es muss entscheidend kontrapunktisch arbeiten. Da verstand ich auch, warum Glenn Gould diese Oper musik­historisch so überhöht hat. Sie hat einen enormen Wandel herbeigeführt.

Über den Tristan-Akkord, der bereits im zweiten Takt erklingt, wurde und wird ja viel gesprochen. Einfach gesagt ist der Akkord eine Dissonanz, die sich in eine andere Dissonanz auflöst. Ich finde, dass das etwas unglaublich Menschliches birgt. Wir befinden uns in einer großen Dissonanz, nur um dann gleich in die nächste zu rutschen, diese aber dann als Auflösung empfinden. Das ist fast eine Analyse der Moderne. Erstaunlich, wie ein einziger Akkord eines Werkes so viel Potenzial und Raum für ­Interpretation bietet! Auch andere Teile der Oper faszinieren mich, zum Beispiel der Beginn des dritten Aufzugs, wenn die Kontrabässe
diese extrem tiefen Töne spielen und sich Abgründe bis zur »Todesnähe« auftun. Die Einspielung von Carlos Kleiber ist für mich das Nonplus­ultra, weil fast ausschließlich Lied-­Interpreten singen. Das verleiht dem intimen Stoff die nötige Innigkeit.

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