Startseite » Interviews » Kurz gefragt » Die Kunst des Augenblicks

Kurz gefragt Nils Landgren

Die Kunst des Augenblicks

Angefangen hat alles mit der Klassik. Doch dann entdeckte Nils Landgren die Freiheit des Jazz. Hier spricht der Posaunist über …

vonChristoph Forsthoff,

… Weihnachten in seiner Kindheit

Weihnachten fängt mit Musik erst richtig an. Doch an Heiligabend sind natürlich auch das Essen und das Zusammensein mit der Familie und Freunden sehr wichtig. Früher wurde bei uns alles selbst gemacht, zwei Wochen stand man in der Küche für hausgemachte Sülze, Schinken und Köttbullar. Mein Favorit bis heute: Weißkohl in Schinkenbrühe gekocht, Braunkohle genannt. Wenn man dann Brot in diese Soße tunkt – himmlisch!

… seinen Heiligen Abend

Wie im vergangenen Jahr verbringen meine Frau und ich Weihnachten gemeinsam mit der Sängerin Jessica Pilnäs und ihrem Mann, dem Gitarristen Johan Norberg, und deren drei Kindern auf Schloss Elmau: dem schönsten Ort auf dieser Welt – zumindest wenn es um Weihnachten geht. Am 22. haben wir dort noch ein Konzert und feiern dann da: hoffentlich mit Schnee, Skilaufen, schwimmen und saunen – ganz entspannt und ruhig. Das ist unser Traum-Weihnachten.

… die vielen skandinavischen Spitzen-Jazzer

Wir sind zahlenmäßig klein, aber vielleicht sind deshalb auch unsere Talente mehr zu sehen, weil wir einfach nicht so viele Menschen sind. Zudem fangen bei uns die Kinder in den Schulen sehr früh an zu musizieren und ein Instrument zu spielen, das hilft natürlich. Denn viele haben nicht das Geld, um eine Musikausbildung zu bezahlen. So hat man in Schweden, Norwegen, Finnland, Dänemark und auch Island immer sehr früh versucht, die Kinder zu ermuntern, ein Instrument zu lernen. Und das findet in dieser umfassenden Form in Deutschland nicht statt und vor allem nicht in so frühen Jahren.

… seine Definition von Jazz

Jazz ist eine Art von Musik, die lebt nur von der Improvisation, von der ständigen Veränderung. Jazzer nehmen Einflüsse aus allen Musikrichtungen auf, von Gustav Mahler über Miles Davis bis zu den Stones, und machen daraus dann ihre eigene Musik. Das ist eine unglaublich große Freiheit, denn wir können den Augenblick greifen, wir improvisieren und machen im Moment Musik. Wir haben die Chance, jeden Tag etwas Neues zu erfinden.

… Jazz und Klassik

Es sind zwei verschiedene Welten – aber Welten, die sich gut ergänzen. Ich liebe Klassik, aber für mich gibt es da oft zu wenig Freiheit. Jazz hingegen ist eine Musikform der ständigen Bewegung und Veränderung und erlaubt es mir, selbständig zu denken und sogar noch während des Spielens eine Wahl zu treffen. Insofern genieße ich als Zuhörer die klassische Musik – aber im Jazz kann ich meine eigene Sprache entwickeln und mich so ausdrücken, wie ich es am allerliebsten mag.

… Berührungsängste gegenüber dem Jazz

Gäbe es keine Genres, würde dies uns Jazzern die Chance geben, von Leuten entdeckt zu werden, die keine Ahnung von unserer Musik haben. Ich habe das über die Jahre bei unheimlich vielen Leuten beobachtet, die sagen: Nein, Jazz, das will ich nicht – aber deine Art von Jazz finde ich toll. Das bedeutet doch, wahnsinnig viele Leute würden auf Jazz stehen, wenn sie wüssten, dass Jazz nicht nur so oder so klingen kann.

… Funk for Life

Gemeinsam mit meiner Funk Unit engagiere ich mich seit einigen Jahren in Kibera, einem Slumviertel in der kenianischen Hauptstadt Nairobi. Wir haben für uns festgestellt, dass wir alle etwas bewegen können – auch wenn es nur ganz, ganz klein ist. Vor Ort haben wir selbst gesehen, wie sehr etwa die „Ärzte ohne Grenzen“ den Leuten helfen, die sie kostenlos behandeln und damit vielen Kindern ihre Eltern retten, denn jeder Vierte dort leidet unter unheilbaren Krankheiten. Wir spenden einen Teil der Einnahmen von jedem verkauften Album an „Ärzte ohne Grenzen“ – und haben damit die Gewissheit, dass ein Teil dieser Menschen gerettet wird und vielleicht sogar ein besseres Leben führen kann.

… Musikinstrumente für die Kinder von Kibera

Wir wollen den Kindern dort durch Musik die Chance auf ein besseres Leben geben und bringen dafür gespendete Musikinstrumente nach Kibera. Wir geben ihnen die Werkzeuge an die Hand und sie lernen, diese zu benutzen. Denn Musik ist eine universelle Sprache, die jeder verstehen kann, ohne zu reden – und das ist ein ganz entscheidender Punkt: Wer etwas vermitteln kann mit und durch Musik, der kann sogar seine eigene Situation verändern. Und das wollen wir gern den Kindern dort zeigen.

Termine

Auch interessant

Rezensionen

  • Dirigent, Konzertorganist und Cembalist Hansjörg Albrecht
    Blind gehört Hansjörg Albrecht – Bruckner-Spezial

    „Da ist solch eine Energie!“

    Hansjörg Albrecht hört und kommentiert Bruckner-Aufnahmen, ohne dass er weiß, wer spielt.

Newsletter

Jeden Donnerstag in Ihrem Postfach: frische Klassik!