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Porträt Amadeus Wiesensee

„Ich möchte mich selbst nicht zu wichtig nehmen“

Amadeus Wiesensee hat der Philosophie den Rücken gekehrt, um sich der Musik zu öffnen.

vonStefan Schickhaus,

Sein Vorname würde ja einen anderen Beobachter nahelegen, aber nein: Es ist Beethoven, dessen Bild an der Wand hängt neben dem alten Steinway-Flügel in der Münchner Altbauwohnung des Pianisten Amadeus Wiesensee. „Beethoven, der mir immer über die Schulter schaut, wenn ich übe, ist für mich wie der Blick eines Großvaters, der das Beste für einen möchte“, sagt er. Auf Wiesensee, den selbsternannten Enkel, kann der Meister auch stolz sein: 1993 geboren, debütierte er bereits als Zwölfjähriger mit dem Münchner Rundfunkorchester, er war Jungstudent bei Karl-Heinz Kämmerling am Mozarteum Salzburg, machte Bachelor und Master bei Antti Siirala in München und sattelt aktuell noch einen Masterstudiengang Neue Musik oben drauf. Zudem hat er einen Abschluss in Philosophie, was ihm früh schon eine Marktplatzierung als der „junge Philosoph am Klavier“ einbrachte. Kluge Sätze zur Musik unterstreichen diese Kategorisierung auch regelmäßig, wobei: In eine „zu sehr durchintellektualisierte, verkopfte Richtung“ soll Wiesensees Spiel bloß nicht gehen, warnt er selbst. „Man möchte ja als Künstler auf der Bühne nicht belehren“.

Amadeus Wiesensee bemüht sich um Übersetzung

Chopin spielt er selten und auch nur den mit einer dezidiert dunklen Seite, etwa die Fis-Dur-Barcarolle; mit der Musik von Domenico Scarlatti dagegen hat er sich in letzter Zeit intensiv auseinandergesetzt. Er nimmt Cembalo­unterricht und hat sich ein Instrument angeschafft, um von ihm eine Brücke zum modernen Flügel zu schlagen. Den barocken Stil auf dem Steinway nicht imitieren, sondern übersetzen, das ist sein Ziel. „Viele Regeln, die damals geherrscht haben, muss ich dem Geist nach verwirklichen, nicht den Buchstaben nach.“

Beim Philosophiestudium, gab er im Interview mit einer Münchner Zeitung zu Protokoll, sei ihm der Kontakt mit der Außenwelt abgegangen, außerdem sei das Fach zu sehr an der Rationalität orientiert. In der Kunst dagegen sei der Mensch absolut er selbst, also dort, „wo er zweckfrei spielt, wenn er nicht nur arbeitet und sich dadurch entfremdet ist“, so zitiert Wiesensee Schiller und damit seine momentane „Galionsfigur“. Aber über ihn und seine Gedanken soll man gar nicht nachgrübeln in den Konzerten von Amadeus Wiesensee, so sein Wunsch. „Ich arbeite daran, mich selbst in der Musik nicht zu wichtig zu nehmen.“

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