Mein Weg zur Chorleitung Teil 2

Singt mit mir!

Zwölf Chorleiterinnen und Chorleiter erzählen von ihrem Weg ins berufliche Glück. Im zweiten Teil berichten Gijs Leenars, Frau Anne Nitzsche und Manuel Pujol.

© Alexander Zuckrow

Nach zwei Jahren Pandemie kann endlich wieder ohne Einschränkungen gesungen werden

Nach zwei Jahren Pandemie kann endlich wieder ohne Einschränkungen gesungen werden

So verschieden die Chöre sind, so mannigfaltig sind auch die Werdegänge ihrer Dirigenten. Im zweiten Teil unserer Serie „Mein Weg zur Chorleitung“ stellen Ihnen Gijs Leenars, Frau Anne Nitzsche und Manuel Pujol ihren ganz persönlichen Weg zu ihrem Traumberuf vor.

Gijs Leenaars

Chefdirigent des Rundfunkchores Berlin

© Hans van der Woerd

Gijs Leenaars
Gijs Leenaars

Mit sechs habe ich das Klavier für mich entdeckt, als Jugendlicher konnte ich bereits einen Laienchor in meiner Heimat Nijmegen begleiten. Mit sechzehn übernahm ich kurzfristig die Leitung eines Studenten-Kirchenchores und habe sofort gemerkt, wie gut mir das gemeinsame Proben von Stücken gefällt. Vor dem Chorleiterstudium in Amsterdam habe ich das Staatsexamen für Klavier gemacht, aber mir fehlte das Zeug zum Weltklassesolisten.

An der Uni stellte ich eigene Ensembles zusammen, gemeinsam arbeiteten wir uns von Bach-Kantaten zum Stabat mater von Szymanowski hoch. In meinem Examenskonzert saß die Chordirektorin des Niederländischen Rundfunkchores, die mir ein Vordirigieren bei Simon Halsey anbot. Als dessen Assistent war ich plötzlich unter Profis, die ein ganzes Konzert in wenigen Tagen einstudierten. Was für eine Umstellung! Nach einigen Jahren als regelmäßiger Gast wählte mich der Chor zu seinem Chefdirigenten.

2015 folgte ich erneut auf Simon Halsey, diesmal als Künstlerischer Leiter des Rundfunkchores Berlin. Ich schätze die enorme Flexibilität seiner Sänger: Obwohl wir auf Chorsinfonik spezialisiert sind, können wir von Bach bis zu zeitgenössischer A-cappella-Musik alles bedienen. Das ist purer Luxus, ebenso das ausnahmslos hohe Niveau unserer Konzertpartner. Guter Chorgesang kostet Zeit und passt nicht in ein halbminütiges Video auf Tiktok. Wenn am Ende aber sechzig Sänger einen Akkord sauber intonieren und ich als Chorleiter dann inmitten dieses Klanges stehen darf: Das hat für mich etwas Magisches!

Anne Nitzsche

Leiterin der Singgemeinschaft Großenhain e. V.

© Peter Olenizak

Anne Nitzsche
Anne Nitzsche

Ich bin musikalisch aufgewachsen. Seit der ersten Klasse hatte ich Geigen- und Klavierunterricht, habe immer in Orchestern gespielt und bin dreimal die Woche zur Musikschule gegangen. Nach dem Abitur wollte ich eigentlich Geige studieren, aber meine Mutter überredete mich, doch erst mal etwas „Sicheres“ zu machen – was im Nachhinein ja auch kein Fehler war, siehe Corona. Also habe ich zunächst ein Studium als Diplombetriebswirtin absolviert, dann aber neben meiner Arbeit in einem Metallbaubetrieb doch noch ein Fernstudium in Kirchenmusik drangehängt.

Darüber bin ich dann wiederum quasi in die Chorleitung reingerutscht. Mittlerweile habe ich meinen Hauptberuf auf Teilzeit herunter und alles Musikalische hochgefahren: Neben der Singgemeinschaft Großenhain, die ein weltlicher Chor ist, leite ich auch noch einen Kirchenchor und einen Kinderchor, bin als Organistin tätig und gebe Klavierunterricht. Ich sehe meine Tätigkeit als Chorleiterin durchaus als Berufung. Natürlich ist es auch Arbeit mit stressigen Zeiten. Aber insgesamt geht es gerade bei Laienchören nicht darum, alles bis zur Perfektion zu üben, es soll ja auch Spaß machen. Nach der Chorprobe sollen die Leute zufrieden und glücklich nach Hause gehen.

Das Schöne für mich ist vor allem, dass man immer mit so vielen musikbegeisterten Menschen aus allen Generationen zu tun hat. Und dass man gerade in der Programmgestaltung sehr kreativ sein kann – man kann sich in gewisser Weise selbst verwirklichen.

Manuel Pujol

Chordirektor des Staatsopernchores Stuttgart

© Sebastian Klein

Manuel Pujol
Manuel Pujol

Schon von klein auf war ich permanent von Musik umgegeben: Ich genoss eine musikalische Früherziehung, habe in Kinder-, Jugend- und Schulchören gesungen. Aber erst zum Abitur hin entschied ich mich dann für ein Musikstudium. Ich habe mit Orchesterdirigat angefangen, kurze Zeit später kam dann auch das Chordirigieren hinzu. Zu jenem Zeitpunkt hatte ich noch überhaupt keine Opernerfahrung. Da musste ich einiges nachholen. Aber je mehr ich mich mit Musiktheater beschäftigte, desto klarer wurde mir, dass ich gerne am Opernhaus arbeiten möchte.

Dort herrscht immer ein ganz besonderes Miteinander, weil alle auf ein gemeinsames Ziel hinarbeiten – und letztendlich war auch das großartige Repertoire ausschlaggebend. Meine erste Stelle bekam ich dann als Kapellmeister und Chordirektor in Görlitz und bin dort erst mal quasi zweigleisig gefahren. Aber während dieser Zeit wurde mir klar, dass mir dieser Chorschwerpunkt besondere Freude macht, weshalb ich meinen Fokus letztlich komplett auf die Chorarbeit gelegt habe.

Das Tolle an der Arbeit mit Opernchören ist natürlich, dass man meist mehrere Produktionen gleichzeitig vorbereitet, die Arbeit dadurch sehr vielfältig ist. Außerdem muss man seinen Chor noch intensiver vorbereiten, denn das ganze Opernrepertoire wird ja auswendig gesungen. Das erfordert einen ganz anderen und längeren Probenprozess. Und dann kommt natürlich noch das Bühnengeschehen hinzu. Auch das ist ein ganz anderes als etwa bei einem Konzertchor, da der Opernchor meist aktiver Teil einer Inszenierung ist.

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