„Die Passagierin“ am Staatstheater Braunschweig

Sich der dunklen Vergangenheit stellen

Mieczysław Weinbergs Oper „Die Passagierin“ ist ein Mahnmal gegen das Vergessen.

© Ralf Kaselau

Bühnenbildentwurf für „Die Passagierin“ in Braunschweig

Bühnenbildentwurf für „Die Passagierin“ in Braunschweig

Fünfzehn Jahre nach Ende des Kriegs glaubt die frühere KZ-Aufseherin Lisa, in einer anderen Passagierin eines Ozeandampfers einen ehemaligen Häftling, Martha, zu erkennen. Sie beichtet ihrem Ehemann Walter ihre Vergangenheit und muss sich nun auch selbst endlich damit auseinandersetzen. Die Zustände im KZ werden in Rückblenden gezeigt, jedoch, und das ist das Besondere an Mieczysław Weinbergs Oper „Die Passagierin“, nicht ausschließlich aus der Opferperspektive. Die Oper endet mit einem Appell Marthas, niemals zu vergessen.

Aufführungsverbot in der Sowjetunion

Schuld, Verantwortung und Verdrängung sind die großen Themen der 1968 vollendeten Oper, die trotz lebhaften Interesses der Opernhäuser und der Fürsprache Dmitri Schostakowitschs in der Sowjetunion nicht aufgeführt werden durfte, da die Täter als zu menschlich dargestellt werden. Erst 42 Jahre später kam es 2010 zur höchst erfolgreichen szenischen Uraufführung bei den Bregenzer Festspielen, zu denen auch die 1923 geborene Autorin der Romanvorlage, Zofia Posmysz anreiste. Die Polin war als 19-Jährige erst im KZ Auschwitz und später in Ravensbrück interniert und schrieb „Die Passagierin“ nach einer Begegnung in Paris, bei der sie glaubte, zufällig ihre ehemalige Aufseherin getroffen zu haben. Die Protagonistin Martha stellt dabei ihre beste Freundin aus dem Lager dar.

Weinberg vertont die Geschichte unter Verwendung von Elementen der Zwölftonmusik und der Volksmusik, mit Zitaten von Berg, Britten und Schostakowitsch, der ein enger Vertrauter von Weinberg war und ihn als Komponisten sehr schätzte. Er war es auch, der 1943 die benötigte Einladung aussprach, die es dem Juden Weinberg ermöglichte, sich in Moskau niederzulassen.

Mieczysław Weinberg, der 1919 in Warschau geboren wurde, musste 1941 fliehen, zog dann nach Moskau und geriet schließlich in der Nachkriegszeit in antisemitische Wirren. Er war bereits verhaftet worden, als Stalins Tod ihn vor dem Schlimmsten bewahrte.

„Die Passagierin“ in Braunschweig

In Braunschweig wird nun über die Oper hinaus ein umfassendes Rahmenprogramm angeboten, das in Zusammenarbeit mit der Jüdischen Gemeinde und der Gedenkstätte Schillstraße entstand und von Ausstellungen, Lesungen und historischen Stadtführungen bis zu musikanalytischen Exkursen reicht.

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