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Porträt Cuarteto Casals

„Es zählt jede Kleinigkeit“

Das spanische Cuarteto Casals macht seinem Namenspatron alle Ehre

vonKlemens Hippel,

Eigentlich wollte ich ihnen noch ein bisschen zuhören bei ihrer CD-Aufnahme von Schubert-Quartetten. Doch als ich im Berliner Teldex-Studio ankomme, sind die Brüder Abel (Violine) und Arnau Tomàs Realp (Violoncello), Vera Martínez Mehner (Violine) und Jonathan Brown (Viola) bereits fertig mit der Arbeit und erwarten ebenso vergnügt wie entspannt meine Fragen. Die sie, wie immer, zu viert beantworten – „es geht ja ums Streichquartett“, erklärt Vera Martínez Mehner.

Ein Beleg für das demokratische Selbstverständnis der Formation, die sich 1997 in Madrid gründete und bald mit Preisen bei Kammermusikwettbewerben auf sich aufmerksam machte. Wie in der Musik ergänzen sich die Musiker auch im Gespräch, springen füreinander ein, nehmen Gedanken auf und spinnen sie weiter. Und sogar in der Rolle als erste bzw. zweite Geige wechseln sich die beiden Geiger ab. Der Erfolg gibt ihnen recht: Inzwischen ist das Cuarteto in aller Welt zu hören – nur falsch geschrieben wird es immer noch oft. Schon viele haben die Formation mit ihren Kollegen vom Schweizer Casal Quartett verwechselt. Doch das „s“ ist sehr bedeutsam – schließlich hat sich das Cuarteto nach dem spanischen Cellisten Pablo Casals benannt. „Und wir versuchen, seinem Namen gerecht zu werden“.

Um das zu erreichen, muss man sich heutzutage allerdings, anders als das große Vorbild, ganz auf das Quartettspiel konzentrieren. Das Cuarteto probt jeden Tag vier oder fünf Stunden, wie die Musiker erklären. „Es zählt jede Kleinigkeit, alles ist transparent und delikat, die kleinste Kleinigkeit entscheidet, ob eine Phrase gelingt oder nicht“, sagt der Bratscher Jonathan Brown, der 2002 zum Quartett stieß. Und wie das geschah, ist bezeichnend für die vier. Andere Quartette starten in einem solchen Fall ein langes Auswahlverfahren mit Vorspielen und gemeinsamen Proben, ehe man sich entscheidet. „Bei uns war das nach einem Vormittag klar“, sagt Brown.

Was erforderlich ist für eine erfolgreiche Arbeit, erklären die vier ebenfalls gemeinsam: Stimmen müsse sowohl die Chemie als auch die musikalische Philosophie. Man müsse offen sein für neue Ideen und Kritik, flexibel und anpassungsfähig sein. Man brauche Humor und vor allem müsse man diese Stücke lieben. Denn viel Geld verdienen könne man nicht mit dem Quartettspiel. Kein Wunder, dass sie auch die Frage nach einem Lieblingsquartett unisono zurückweisen – das ändere sich jeden Tag. „Heute ist es Schubert.“

Mit seinem Repertoire hat sich das Quartett äußerst breit zwischen Klassik und Gegenwart, Standardrepertoire und Exotischem aufgestellt. Für die Neue Musik steht die Tür dabei immer offen – auch wenn die zahlreichen Partituren, die ihnen zugeschickt werden, erst einmal studiert werden wollen. „Wir können das nicht vom Blatt spielen“, sagen die Musiker. „Aber das ist bei Mozart genauso, den spielen wir auch nicht vom Blatt.“

Ein kontrastreiches Programm hat das Cuarteto Casals für sein Berliner Konzert vorbereitet, mit frühem Schubert, Schostakowitsch und Beethoven. „Das sind drei ganz verschiedene Klangwelten, die die Zuhörer in einem Konzert erleben können. Diese Vielfalt mögen wir.

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