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Porträt Jonas Kaufmann

Das Wichtigste bleibt die Stimme

Wie sich der Tenor Jonas Kaufmann auf der Bühne – und im Medienrummel – einen Namen gemacht hat

vonKlemens Hippel,

„Brangelina on stage“ nannte ihn die New York Times, als „schönsten Tenor“, ebenso sexy wie bühnenwirksam, feiert ihn die Boulevardpresse. Jonas Kaufmann ist ein Phänomen: ein Model-Tenor, der immer mit einer Traumpartnerin an seiner Seite auftritt. Doch gleichzeitig begeistert er auch die ernsthaften Kritiker der Zunft: Sie wählten ihn 2010 zum „Sänger des Jahres“. Ein Spagat, in dem sich Kaufmann perfekt zurecht findet. Wenn er auf sein Image angesprochen wird, besteht er stets darauf, dass jenseits vom Aussehen „das Wichtigste die Stimme bleiben muss – wenn es nur um Äußerlichkeiten geht, will ich damit eigentlich nichts zu tun haben“. Aber wenn man auf seine Website schaut, liest man als erstes: „Jonas Kaufmann wird exklusiv ausgestattet von Strenesse“ und „ist Markenbotschafter von BMW“.

Doch konzentrieren wir uns auf seine Stimme. Die hat den 1969 geborenen Tenor ausgezeichnet, lange bevor er zum Star wurde. In seiner Heimatstadt begann er 1989 nach einem kurzen Umweg über die Mathematik ein Gesangsstudium und trat 1994 gleich nach dem Abschluss an einem kleinen Theater eine Stelle an: In Saarbrücken sang er in zwei Jahren fünfzehn Partien. Dann verzichtete er auf die anstehende Vertragsverlängerung und wurde Freiberufler. Mit Erfolg. Bereits 2000 rühmte ihn das Fachmagazin Opernwelt als einen der besten seiner Generation, pries sein „dunkel leuchtendes Timbre“. Von der Berühmtheit eines Star-Tenors konnte allerdings noch keine Rede sein.

Kein Raubbau an seiner Stimme

In Zürich wusste man sein Talent zwar ebenso zu schätzen wie in Chicago, wo er 2001 sein Amerika-Debüt feierte, doch in Deutschland verschlief man die Karriere des deutschen Tenors. Der Durchbruch hierzulande kam erst mit der „Traviata“ an der Met 2006 – und im folgenden Jahr mit dem Plattenvertrag bei der Universal, wo er einen Platz neben Anna Netrebko und (dem drei Jahre jüngeren) Rolando Villazón einnehmen durfte. Dessen Schicksal ist ihm bei seiner eigenen Karriereplanung allerdings eine Mahnung, Kaufmann will trotz des großen Medienrummels um ihn auf keinen Fall Raubbau an seiner Stimme betreiben: „Wenn ich krank bin, sage ich ab. Da lasse ich mich auf keinen Kompromiss ein.“ Dieses Versprechen musste er in diesem Jahr einlösen: Im Sommer hatte er mehrere Konzerte wegen Krankheit abgesagt und dann nach mehrwöchiger Krankheitspause ein umso umjubelteres Konzert in seiner Heimatstadt München gegeben.

Man darf gespannt sein, wie sich diese Karriere zwischen den Zwängen medialer Dauerpräsenz und musikalischen Erfordernissen weiterentwickelt. Ob er sich seine Gewohnheit, kein Blatt vor den Mund zu nehmen, bewahren kann? „Es steht jedem frei, nach Hause zu gehen“, sagte er dem buhenden Publikum bei der Premiere von Stefan Herheims „Entführung aus dem Serail“ in Salzburg 2003. Und mit „Ich war eben kein ganz billiges Frischfleisch aus Osteuropa!“ erklärte er in einem Interview, warum die Wiener Staatsoper ihn so lange übersehen hat.

Ein entscheidender Schritt auf der Karriereleiter ist jedenfalls bereits getan: sein Debüt in Bayreuth gab er 2010 – als Lohengrin. Die Rolle, mit der er davor das Münchner Publikum begeisterte und die ihm wie auf den Leib geschneidert ist: Denn Traummann und großer Sänger gleichzeitig muss ein Lohengrin sein. Neben den großen Opernpartien pflegt Jonas Kaufmann aber auch weiterhin die zarteren Töne des Liedgesangs – auf mehreren CDs verewigt und natürlich auch live.

Album Cover für
Schubert: Die schöne Müllerin Jonas Kaufmann (Tenor) Helmut Deutsch (Klavier) Decca

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