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Porträt Thomas Zehetmair

„Das klingt völlig neu“

Der Geiger und Dirigent Thomas Zehetmair befragt Altbekanntes immer wieder von Neuem

vonThomas Jakobi,

Ein gebürtiger Salzburger, der gern Fisch isst und das norddeutsch-kühle Klima liebt – Thomas Zehetmair ist nicht nur seiner kulinarischen Vorlieben wegen immer wieder gern nach Hamburg gekommen; auch die gute Luft hat er, so sagt er, oft genossen. Natürlich spielte auch die Musik eine nicht ganz unbedeutende Rolle: Zehetmair hat schon im Frühstadium seiner Karriere beste Erfahrungen in der Hansestadt gemacht, die sich in Gestalt bekannter Kunst-Mäzene von ihrer großzügigen Seite zeigte: „Die Oscar und Vera Ritter-Stiftung in Hamburg hat mir in meiner Jugend sehr geholfen, sie hat mich beim Kauf einer Geige finanziell unterstützt. Und die Laeiszhalle habe ich natürlich in bester Erinnerung; eines meiner ersten großen Konzerte war dort – mit Wolfgang Sawallisch und den Philharmonikern; da war ich gerade 18 Jahre alt. Und seitdem war ich immer wieder gern dort.“

Erfolgreicher Dirigent, Solist und Kammermusiker

Inzwischen steht das Multitalent auch oft am Dirigentenpult – viele der besten Orchester der Welt von London über Paris bis Salzburg folgen auf internationalen Tourneen seinem Taktstock. Dennoch hat er seine erste Profession und Leidenschaft als Geiger nie aus den Augen verloren: Zehetmair hat in den letzten Jahrzehnten von der Kammermusik über die großen Violinkonzerte bis zu Neuer Musik mit prominenten Partnern einen beträchtlichen Teil des schier unerschöpflichen Repertoires für sein Instrument eingespielt und wurde dafür immer wieder mit höchsten internationalen Ehren ausgezeichnet. Unweigerlich drängt sich da die bekannte Frage auf, wie man scheinbar Altbekanntem noch etwas Neues abgewinnen kann, und das gilt natürlich besonders für ein Werk wie Mendelssohns e-Moll-Konzert, das seit seiner Uraufführung im Jahr 1845 für jeden Geiger ein Prüfstein ist. Auch Zehetmair hat das Werk schon in seiner Jugend einstudiert und betrachtet es als Referenz („da stimmt jede Note!“) – dennoch hat er in diesem Fall ein zumindest theoretisch ganz einfaches Rezept gegen langweilige Routine: „Das klingt völlig neu, wenn man wirklich genau das macht, was da steht – angefangen vom Allegro appassionato des Beginns, das ist nun mal ein sehr leidenschaftlicher Gesang in der Partitur, und da sind sehr, sehr, viele Feinheiten in den Spielanweisungen, kleine crescendi, decrescendi, più forte und so weiter, es ist sehr wichtig, das alles herauszuholen und hörbar zu machen – dann ist da tatsächlich noch eine neue Dimension drin.“

Gemeinsam mit alten Bekannten

Einmal mehr will Zehetmair diese neue Dimension bei seinem nächsten Auftritt in der Laeiszhalle entdecken – gemeinsam mit alten Bekannten, eben jenen Philharmonikern, mit denen die erste Begegnung mittlerweile über 30 Jahre zurückliegt. Geleitet wird das Orchester diesmal von einem, der ebenfalls schon seit Jahrzehnten auf den Konzertbühnen der Welt zuhause ist: Christopher Hogwood, der sich besonders mit der authentischen Interpretation Alter Musik einen Namen gemacht und inzwischen die dort gewonnenen Erkenntnisse auch auf die romantische Sinfonik und die Arbeit mit dem großen Orchester übertragen hat. Authentizität ist also für Solist und Dirigent das Credo in diesem Konzert; ein besonderes Hörerlebnis ist garantiert, wenn diese beiden Routiniers zusammenarbeiten und einen der größten Repertoire-Schätze zu neuer Frische bringen. Thomas Zehetmair jedenfalls ist sich sicher, dass ein Werk wie das Mendelssohn-Konzert niemals altert.

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