Sucht man die Gemeinsamkeiten dieses Albums, so finden sie sich – neben der konzertanten Violine – vor allem in den unterschiedlichen Ansätzen, Stille zum Klingen zu bringen. In Hartmanns „Concerto funebre“ beweist Kent Nagano einmal mehr seine Qualitäten als kunstsinniger Sachverständiger der Moderne. Mit feinem Gespür hebt er die Eigenheiten dieser mit und nur für sich stehenden, klangarmen Weltabschiedsdystopie eindrucksvoll hervor. Poetisch lässt er das Orchester mit wenigen schmalen Pinselstrichen das Gerüst einer in Klang gefassten Verlassenheit skizzieren, in der die Restwärme der Violine langsam zu erkalten droht und schließlich im Schatten des Orchesters versinkt. Wiederbelebungsversuche in Ravels „Tzigane“ scheitern da fast zwangsläufig und legen zugleich Naganos Schwächen als dramatisch führender Gestalter offen. Wenig dynamisch, leblos, mit fast demonstrativer Gleichgültigkeit werfen Nagano und Rebekka Hartmann alles über Bord, was man als kulturgeschichtlich errungene Vorstellung über ein solches Konzertstück, das sowohl in seine exotisch motivierte Vergangenheit als auch in eine kompromisslos elegante Moderne blinzelt, erwarten kann und hören möchte. Das zeitgenössische „Stradivari“ der usbekischen Komponistin Aziza Sadikova findet hingegen zu bemerkenswert luziden Tönen. Der Bezug zu Tartini ist wohlwollend festzustellen, auch wenn dem Werk eine klare Erzählung fehlt – interpretatorisch aber bleibt es durchweg überzeugend.

Sadikova: Violinkonzert „Stradivari“, Hartmann: Concerto funebre, Ravel: Tzigane
Rebekka Hartmann (Violine), Rachmaninoff International Orchestra, Kent Nagano (Leitung)
FARAO