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150. Geburtstag von Max Reger

Musik als Lebensaufgabe

Als umtriebiger Komponist hat sich Max Reger allen Kategorien entzogen – heute wird sein 150. Geburtstag gefeiert.

vonJan-Hendrik Maier,

In der heutigen Zeit würde man Max Reger wohl als Workaholic bezeichnen, als einen Menschen, der mit unbändigem Drang alles seiner Arbeit unterordnet. Für den vor 150 Jahren im oberpfälzischen Brand geborenen Komponisten, Pianisten, Organisten, Dirigenten, Hofkapellmeister und Dozenten gab es nichts Wichtigeres als die Musik: Mehr als tausend Werke verfasste er innerhalb von 28 Jahren, oft zu Lasten der mentalen und physischen Gesundheit.

Nach der ersten Schaffenskrise fand Max Reger seinen Stil

Dass Erfolg und Misserfolg nah beieinanderliegen, erfuhr der Privatschüler von Hugo Riemann eindringlich in seinen Wiesbadener Jahren. Seine frühen Kompositionen galten als „zu kompliziert“ und „verunglückt“, zugleich fand er einen ersten Verleger und erfüllte dessen Wunsch nach gefälligen, aber technisch soliden Werken. Bekanntschaften mit Ferruccio Busoni und Richard Strauss erwiesen sich als fruchtbar, doch Schulden, persönliche Rückschläge und zunehmender Alkoholismus führten ihn – wie noch häufiger in seinem Leben – in die Krise. Auf Bestreben seiner Schwester Emma kehrte der 25-Jährige in die provinzielle Abgeschiedenheit des Elternhauses zurück, wo er sich, von der Familie umsorgt, drei Jahre ganz dem Komponieren widmen konnte. Fast ein Viertel der mit Opus-Zahlen geführten Stücke entstanden hier, vor allem aber kultivierte sich in sieben Choralfantasien und der „Fantasie und Fuge über B-A-C-H“ für Orgel sein Stil: komplexe, klanggewaltige Werke, die mit damals unerhörten Modulationen bis an die äußersten Grenzen der Tonalität vordringen, sich formal aber an barocken Strukturen orientieren und Bach’schen Gestus atmen.

1901 zog die Familie auf Regers Wunsch hin nach München. Sein kompositorischer Fokus lag nun vermehrt auf der Kammermusik, er machte sich als Liedbegleiter und Pianist europaweit einen Namen und heiratete die geschiedene Protestantin Elsa von Bagenski, wofür der „bis in die Fingerspitzen katholische“ Reger exkommuniziert wurde: Reifejahre, in denen umjubelte Werke wie die „Beethoven-Variationen“ und die „Sinfonietta“ entstanden sind, sich der wortgewandte Musiker aber auch bissig mit Rezensenten anlegte: „Ich sitze im kleinsten Raum des Hauses. Ich habe Ihre Kritik vor mir. Bald werde ich sie hinter mir haben.“

Regers Herzblutwerk: „unmenschlich lang“

1907 wurde er zum Universitätsmusikdirektor und Professor am Königlichen Konservatorium in Leipzig berufen. Ein Stipendium ermöglichte überdies die Arbeit an zwei Herzblutwerken: den „Hiller-Variationen“ und dem Violinkonzert. Für letzteres würde sich Arnold Schönberg interessieren, der Dirigent der Uraufführung, Arthur Nikisch, quittierte es indes als „unmenschlich lang“.

Vier Jahre später trat er die Stelle des Hofkapellmeisters in Meiningen an, wo er am Pult neue Anerkennung erfuhr und gleichzeitig das Orchester kompositorisch durchdeklinierte, sogar impressionistisch gedachte Werke verfasste. Reger ging mit den Meiningern auf Tournee, reiste zudem als Pianist durch die Lande – ein steter Parforceritt, der 1914 schließlich zum Zusammenbruch führte. Doch es wäre nicht Reger, hätte er nicht auch im Krankenstand weiterkomponiert. Von 1915 an wohnte er in Jena, unternahm neue Konzertreisen und pendelte wöchentlich ans Leipziger Konservatorium. Nach einem Unterrichtstag dort starb er am 11. Mai 1916.

„Seine Werke haben ihren Ehrenplatz in der Geschichte der neueren Tonkunst“, kondolierte Richard Strauss Regers Witwe Elsa. In den 1920er-Jahren zählten seine Kompositionen zu den am häufigsten gespielten im deutschsprachigen Raum, in der zweiten Hälfte des Vorjahrhunderts wurde schließlich den Interpreten die Rolle zuteil, bei Labels und Konzertveranstaltern für Reger zu werben. Seine Orgelwerke zählen längst auch live zum Kernrepertoire, Pianist Markus Becker leistete in den Neunzigerjahren mit der bis heute einzigen Solo-Gesamteinspielung Pionierarbeit, und auch das restliche Schaffen liegt in teils hochkarätigen Aufnahmen vor – auf den Konzertbühnen ist dem „letzten Riesen in der Musik“, wie Hindemith ihn einst bezeichnete, aber noch mehr gattungsübergreifende Präsenz zu wünschen.

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