Verdi: Nabucco

In gerade mal einem Jahr komponierte Giuseppe Verdi seine Oper „Nabucco“, die ihm gleich in zweierlei Hinsicht Glück brachte.

© Josef Fischnaller

Placido Domingo – Pressefoto zu seiner Verdi-CD

Placido Domingo – Pressefoto zu seiner Verdi-CD

Ein Libretto mit alttestamentarischem Sujet war Verdis Rettung. Seine zwei Kinder starben kurz nach der Geburt, dann verlor der Komponist auch noch wenig später seine Ehefrau. Obendrein sorgte eine chronische Erfolglosigkeit für Existenznöte und veranlassten das einstige Wunderkind zur Aufgabe seines Berufs. Ein „27-jähriger Selbstmordkandidat“ sei Giuseppe Verdi zu diesem Zeitpunkt gewesen – so beschreibt es Mathias Husmann in seinen „Präludien fürs Publikum“.

Verdi: Nabucco

© gemeinfrei

Kostümentwurf für "Nabucco"
Kostümentwurf für „Nabucco“ 1842

Doch das Textbuch über den babylonischen König Nebukadnezar, das Bartolomeo Merelli, der Direktor der Mailänder Scala, dem Komponisten 1842 in die Tasche steckte, fesselte Verdi, der sofort mit der Komposition von „Nabucco“ begann, wenn auch bedingt optimistisch: „Einen Tag ein Vers, am anderen Tag einen anderen Vers, einmal eine Note, ein andermal eine Phrase“ – aus Verdis Notiz zum Kompositionsprozess lässt sich nicht gerade Begeisterung herauslesen.

Ein voller Erfolg

Womöglich saß damals einfach noch der Entschluss, keine Note mehr schreiben zu wollen, zu tief, als dass er seine Leidenschaft entsprechend hätte artikulieren können, denn die muss ganz offensichtlich vorhanden gewesen sein: Gerade mal ein Jahr reichte aus, um den Vierakter fertigzustellen, dessen Uraufführung an der Scala sich als so außerordentlicher wie unverhoffter Erfolg entpuppte – für Verdi auch in privater Hinsicht: Giuseppina Strepponi, die zur Uraufführung die Partie der Abigaille sang, wurde später die zweite Ehefrau des Komponisten.

Die wichtigsten Fakten zu Giuseppe Verdis „Nabucco“:

Akte

  1. Akt: Gerusalemme – Jerusalem
  2. Akt: L’Empio – Der Frevler
  3. Akt: La profezia – Die Weissagung
  4.  Akt: L’idolo infranto – Das zerbrochene Götzenbild

Orchesterbesetzung: 2 Flöten, 2 Oboen, 2 Klarinetten, 2 Fagotte, 4 Hörner, 2 Trompeten, 3 Posaunen, Cimbasso, Pauken, Schlagzeug und Streichinstrumente

Spieldauer: 2 ¼ Stunden

Die Uraufführung fand am 9. März 1842 im Teatro alla Scala in Mailand statt.

Referenzeinspielung

Verdi: Nabucco

Verdi: Nabucco

Chor und Orchester der Deutschen Oper Berlin, Guiseppe Sinopoli (Leitung)
Mitwirkende: Piero Cappuccilli, Plácido Domingo, Evgeny Nesterenko u.a.
Deutsche Grammophon

Der Pawlow-Reflex, Verdi-Opern immer mit dionysischer Süffigkeit und verklärter Italianità zum Klingen zu bringen, wurde mit dieser Aufnahme der Deutschen Oper Berlin ganz wundervoll durchbrochen. Mit geradezu apollinischer Disziplin betreibt Giuseppe Sinopoli in der Einspielung von 1983 Partitur-Exegese und breitet gleichzeitig das Tableau an kriegerischen, leidenschaftlichen, melancholischen oder auch introvertieren Stimmungen, die Verdi so farbenreich auskomponiert hat, genüsslich aus. Für sich allein ist eine solche Lesart zwar löblich, doch verlangt sie ein außerordentliches Sängerensemble ab. Das stand mit Piero Cappuccilli, Plácido Domingo, Evgeny Neseterenko und Ghena Dimitrova dem Dirigenten glücklicherweise zur Verfügung.

Freitag, 09.06.2023 19:00 Uhr Semperoper Dresden

Verdi: Nabucco

Markus Marquardt/Andrzej Dobber (Nabucco), Pavol Bresik/Joseph Dennis (Ismaele), Georg Zeppenfeld (Zaccaria), Ewa Płonka (Abigaille), Christa Mayer/Michal Doron (Fenena), Tilmann Rönnebeck (Oberpriester), Paolo Arriaveni/Jordi Bernàcer (Leitung), David Bösch (Regie)

Sonntag, 18.06.2023 15:00 Uhr Semperoper Dresden

Verdi: Nabucco

Markus Marquardt/Andrzej Dobber (Nabucco), Pavol Bresik/Joseph Dennis (Ismaele), Georg Zeppenfeld (Zaccaria), Ewa Płonka (Abigaille), Christa Mayer/Michal Doron (Fenena), Tilmann Rönnebeck (Oberpriester), Paolo Arriaveni/Jordi Bernàcer (Leitung), David Bösch (Regie)

Montag, 19.06.2023 19:30 Uhr Staatstheater Mainz

Verdi: Nabucco

Brett Carter/Attila Mokus (Nabucco), Vincenzo Costanzo (Ismaele), Derrick Ballard (Zaccaria), Marta Torbidoni/Milla Mihova (Abigaille), Aya Wakizono/Karina Repova (Fenena), Samuel Hogarth (Leitung), Marcos Darbyshire (Regie)

Mittwoch, 21.06.2023 19:00 Uhr Semperoper Dresden

Verdi: Nabucco

Markus Marquardt/Andrzej Dobber (Nabucco), Pavol Bresik/Joseph Dennis (Ismaele), Georg Zeppenfeld (Zaccaria), Ewa Płonka (Abigaille), Christa Mayer/Michal Doron (Fenena), Tilmann Rönnebeck (Oberpriester), Paolo Arriaveni/Jordi Bernàcer (Leitung), David Bösch (Regie)

Samstag, 24.06.2023 19:00 Uhr Semperoper Dresden

Verdi: Nabucco

Markus Marquardt/Andrzej Dobber (Nabucco), Pavol Bresik/Joseph Dennis (Ismaele), Georg Zeppenfeld (Zaccaria), Ewa Płonka (Abigaille), Christa Mayer/Michal Doron (Fenena), Tilmann Rönnebeck (Oberpriester), Paolo Arriaveni/Jordi Bernàcer (Leitung), David Bösch (Regie)

Freitag, 30.06.2023 19:30 Uhr König Albert Theater Bad Elster

Verdi: Nabucco

Florian Merz (Leitung), Zdeněk Kaloč (Regie)

Samstag, 01.07.2023 18:00 Uhr Gut Immling Halfing

Verdi: Nabucco (Premiere)

Immling Festival
Dienstag, 04.07.2023 19:30 Uhr Deutsche Oper Berlin

Verdi: Nabucco

Amartuvshin Enkhbat (Nabucco), Patrick Cook (Ismaele), Marko Mimica (Zaccaria), Maria Jose Siri (Abigaille), Carlo Montanaro (Leitung), Keith Warner (Regie)

Freitag, 07.07.2023 18:00 Uhr Gut Immling Halfing

Verdi: Nabucco

Immling Festival
Freitag, 07.07.2023 19:30 Uhr Deutsche Oper Berlin

Verdi: Nabucco

Amartuvshin Enkhbat (Nabucco), Patrick Cook (Ismaele), Marko Mimica (Zaccaria), Maria Jose Siri (Abigaille), Carlo Montanaro (Leitung), Keith Warner (Regie)

TV-Tipp 10.9. 3sat: „Nabucco“ aus dem Steinbruch St. Margarethen

Verdi im Steinbruch

Der Philharmonia Chor Wien und das Piedra Festivalorchester unter der… weiter

Opern-Kritik: Domstufen-Festspiele Erfurt – Nabucco

Gefangen im Hier und Heute

(Erfurt, 15.7.2022) Die Erfurter DomStufen-Festspiele zünden mit Verdis „Nabucco“ und… weiter

Verdis „Nabucco“ auf Erfurter Domstufen-Festspielen

Für immer aktuell

Bei den diesjährigen Domstufen-Festspielen in Erfurt wird Verdis Klassiker „Nabucco“… weiter

Opern-Kritik: Semperoper Dresden – Nabucco

Babylons König im Schatten

(Dresden, 5.6.2019) Domingo-Panne im sonst einhelligen „Nabucco“-Glück an der Semperoper. weiter

Opern-Kritik: Ravenna Festival – Nabucco

Kostümkonzert

(Ravenna, 30.11.2018) Cristina Muti beginnt ihre Verdi-Trilogie mit einer traditionstrunken… weiter

Opern-Kritik: Opernfestspiele Heidenheim – Nabucco

Radikaler Realismus

(Heidenheim, 21.7.2018) Wenn Regisseurin Helen Malkowsky illusionslos vom Nahostkrieg der… weiter

(UA Mailand 1842)


Bevor Verdi Nabucco zu schreiben begann, war er ein 27-jähriger Selbstmordkandidat. Binnen weniger Monate waren sein Töchterchen, sein Söhnchen und seine geliebte Frau Margherita gestorben; eine unter diesen Umständen entstandene komische Oper wurde in der Mailänder Scala ausgepfiffen. Verdi schwor, nie wieder eine Note zu schreiben, aber der Impresario Bartolomeo Merelli stopfte ihm ein Libretto in die Manteltasche, das Otto Nicolai abgelehnt hatte. In seiner Absteige angelangt, warf Verdi das Libretto auf den Tisch: „Das Heftchen hatte sich geöffnet und ohne es zu wissen, fielen meine Augen auf folgenden Vers: Va, pensiero, sull’ali dorate – Flieg, Gedanke, auf goldenen Flügeln …“ Merelli hatte Verdi die Aufführung gleich nach Beendigung der Partitur zugesagt. Verdi bestand darauf, auch, weil er eine bestimmte Sängerin als Abigail wünschte: Giuseppina Strepponi. Am Morgen nach der Premiere war Verdi berühmt, und Giuseppina trat in sein Leben.


 


Die vier Teile haben plakative Überschriften:


Jerusalem – auch 587 v. Chr. herrschte dort kein Frieden.


Der Frevler – Nabucodonosor, Nabucco, auch Nebukadnezar genannt, wirft sich zum Gott auf und wird mit Wahnsinn gestraft.


Die Prophezeihung – die gefangenen Israeliten träumen von einer goldenen Zukunft – in Frieden.


Das zertrochene Götzenbild – Jehova setzt ein Zeichen.


 


Verdis Musik ist für die Sänger anspruchsvoll, teilweise extrem (Abigail), im Orchester aggressiv und rhythmisch, das Melos ist glühend und von hinreißendem Schwung.


Nabucco wurde im damaligen Italien sofort politisch verstanden, Verdis Name wurde später zur Chiffre der Unabhängigkeitsbewegung: V.E.R.D.I. = Vittorio Emanuele, Re d’Italia.


Bei Verdis Begräbnis sang Italien: Va, pensiero, sull’ali dorate.


(Mathias Husmann)