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Nominiert zum „Publikum des Jahres 2023“: Gärtnerplatztheater

Eineinhalb Millionen

Das Gärtnerplatztheater hat eine wechselvolle Geschichte hinter sich. Trotz seines stetigen Wachstums ist es ein Volkstheater für alle geblieben.

vonMaximilian Theiss,

Die Kulturtempel mit herzoglichem, kurfürstlichem oder königlichem Segen in allen Ehren, aber so ein richtiges Volkstheater mochte in der prachtvollen Residenz- und Landeshauptstadt München einfach nicht entstehen. Insofern hatte ein royaler Segensspruch ganz anderer Tonart durchaus (lokal-)historisches Gewicht, als der eben erst inthronisierte König Ludwig II. am 10. Mai 1864 den Neubau für ein Actien-Volkstheater genehmigt hat. Vielleicht eine Jugendsünde des damals gerade einmal Neunzehnjährigen, doch sicher eine überfällige Entscheidung, die bis heute nachwirkt. Zum Architekten des Gebäudes, das den bürgerlichen Stolz bis heute so wunderschön repräsentiert, wurde Franz Michael Reiffenstuel bestimmt, der schon unter Ludwig I. das Münchner Stadtbild mit repräsentativen Bauten prägte.

Das Theater für alle Münchner durchlief seither eine recht wechselvolle Geschichte. Vier Jahre hielt man durch, ehe 1868 der Bankrott und 1870 die Zwangsversteigerung folgte. Ironie der Geschichte: Um zwei Ecken herum hatte bald darauf Ludwig II. das Theater in seinen Besitz gebracht. Das „Königliche Theater am Gärtnerplatz“ war geboren, das Wappen der Wittelsbacher wurde an die Fassade montiert. Doch nicht für allzu lange. Zwar sollte sich das Theater noch einige Zeit im Besitz der Wittelsbacher bzw. nach dem Ersten Weltkrieg im Besitz des Ausgleichsfonds der Wittelsbacher befinden (erst 1937 wurde es an den Freistaat Bayern verkauft), doch hatte die Königsfamilie kein gesteigertes Interesse an einer wie auch immer gearteten Mitgestaltung. So stand von Anfang an die damals noch junge Gattung der Operette im Vordergrund, nicht selten prominent besetzt. Das von den Münchnern geliebte Haus am Gärtnerplatz war nun auch deutschlandweit bekannt.

Aus Actien-Volkstheater wird ein Ort für alle Münchner

Nach dem Zweiten Weltkrieg hielt auch die große Oper Einzug, als die Bayerische Staatsoper eine Ausweichspielstätte brauchte. In den fünfziger Jahren holte man sich dann auch das Musical ins Haus mit gefeierten Produktionen – selbst August Everding ließ sich zu einer Inszenierung hinreißen und brachte „My Fair Lady“ mit Cornelia Froboess auf die Bühne. Heute hat sich das Gärtnerplatztheater – auch dank des Intendanten Josef Köpplinger – dem ganzen Kosmos des Musiktheaters verschrieben: Ballett, Tanz, Operette, Musical, Oratorium, Revue. Somit ist aus dem Actien-Volkstheater tatsächlich ein Ort für wirklich alle Münchner geworden. Und welches Publikum kann schon von sich behaupten, aus eineinhalb Millionen Menschen zu bestehen?

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