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Bayreuther Festspiele 2023

Traditionell turbulent

Mit einem virtuellen „Parsifal“ sorgen die Bayreuther Festspiele gemäß ihrer Tradition auch in diesem Jahr für Überraschungen.

vonAndré Sperber,

So richtig ruhige Zeiten gab es am Grünen Hügel eigentlich nie. Denn die Bayreuther Festspiele mit ihrer bald 150-jährigen Tradition, dem perfektionierten Wagner-Kult und der musikalischen Feinkost stehen auch für das, was man ganz altmodisch noch als brüskierenden Skandal verzeichnet. Aufs Äußerste empörende Inszenierungen, politisch problematische Affären oder unschöne Debatten um heikle Künstlerallüren speisen den Mythos Bayreuth seit eh und je, halten ihn womöglich auch am Leben.

Schon vor Eröffnung der diesjährigen Festspielausgabe – diesmal mit einem kostenfreien Open-Air-Konzert – hat die gespannt erwartete Neuproduktion des „Parsifal“ bereits mächtig Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Der US-amerikanische Regisseur Jay Scheib nämlich gibt sich in seiner Inszenierung nicht mit den herkömmlichen, zwar vielfältigen, aber dennoch physikalisch begrenzten Möglichkeiten eines klassischen Bühnenbilds zufrieden. Stattdessen erweitert er Handlungsort und -raum des viereinhalbstündigen Bühnenweihfestspiels um eine digitale Ebene: Augmented Reality (AR) hält Einzug in Bayreuth. Was auf der einen Seite Innovation und grandiose Bilder verspricht, hat auf der anderen Seite einen Haken, denn nur 330 AR-Brillen stehen bei knapp 2.000 Plätzen zur Verfügung, die meisten Besucher werden weiterhin analog schauen müssen. Analog bleibt zum Glück auch Wagners leuchtende Musik, die beim „Parsifal“ unter der Verantwortung von Pablo Heras-Casado steht, der erstmals bei den Bayreuther Festspielen dirigiert.

Last-Minute-Umbesetzungen bei den Bayreuther Festspielen

Eine allgemeine Spannungserhöhung durch fundamentale Last-Minute-Umbesetzungen im Sängercast ist für die Bayreuther Festspiele ebenfalls keine Seltenheit, und auch in diesem Jahr ist man da vor Überraschungen nicht gefeit. Nachdem Ende Mai John Lundgren sein Engagement aus privaten Gründen zurückzog (Michael Volle übernimmt für ihn die Titelpartie im „Fliegenden Holländer“), musste kürzlich auch Tenor Stephen Gould „auf dringenden ärztlichen Rat“ für alle drei Rollen bei den diesjährigen Festspielen absagen. Seine Partie als Siegfried in der „Götterdämmerung“ übernimmt Andreas Schager, Clay Hilley wird ihn als Tristan vertreten, und Klaus-Florian Vogt springt in der Titelpartie des „Tannhäuser“ ein. Durch die Absage von Ekaterina Semenchuk wiederum gelangt zudem Elīna Garanča zu ihrem Bayreuth-Debüt. Die Lettin wird im „Parsifal“ als Kundry zu erleben sein.

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