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Schostakowitsch Festival Leipzig 2025

Bereichernder Perspektivwechsel

Das Schostakowitsch Festival Leipzig profitiert vom Musikeraustausch zwischen den beiden Partnerorchestern.

vonSören Ingwersen,

Die vielzitierte Horizonterweiterung, die man sich von Kunst und Künstlern eigentlich wünscht – für Orchestermusiker ist sie im Rahmen der prägenden Konstanten von Chefdirigent, Kernrepertoire, Kollegen und lokalem Publikum nicht immer leicht zu realisieren. Das Gewandhausorchester Leipzig (GHO) und das Boston Symphony Orchestra (BSO) hingegen profitieren schon lange vom regelmäßigen Perspektivwechsel ihrer Mitglieder, wovon auch das Schostakowitsch Festival Leipzig vom 15. Mai bis 1. Juni 2025 klangvoll Zeugnis ablegt.

„Man meldet dem Orchester­vorstand sein Interesse am Austauschprogramm. Dann braucht man etwas Glück, dass in der entsprechenden Instrumentengruppe des anderen Orchesters jemand zum Tau-schen bereit ist“, erzählt Michael Peternek, seit über 15 Jahren Cellist im GHO. Er hatte Glück, denn im letzten Herbst äußerte der junge US-amerikanische Cellist Jonah Ellsworth, der seit zwei Jahren Mitglied beim BSO ist, seinerseits den Wunsch, in die Arbeitsweise des europäischen Partnerorchesters hineinzuschnuppern. Für drei Monate wechselten Peternek und Ellsworth ihre Posten und waren damit zwei der jeweils vier Musikerinnen und Musiker, die zeitgleich an den Austauschprogrammen im Herbst und Frühjahr teilnehmen.

Die Allianz der beiden Klangkörper, in deren Rahmen das Programm verankert ist, besteht seit der Spielzeit 2017/18. Das gemeinsame Erbe des GHO und des BSO reicht indes bis in 19. Jahrhundert zurück. Vom Gründungsjahrs 1881 an berief das BSO immer wieder Dirigenten, die in Leipzig ausgebildet worden waren oder Stellen im GHO innehatten. Seit 2018 ist Andris Nelsons Gewandhauskapellmeister sowie Chefdirigent und Musikdirektor des BSO in Personalunion. Trotzdem fallen die Unterschiede der beiden Klangkörper ins Auge und ins Ohr: Während das GHO neben seiner Konzerttätigkeit im Gewandhaus auch für die Bespielung der Oper und der Thomaskirche zuständig ist, ist das BSO ein reines Konzertorchester und zählt nur halb so viele Mitglieder.

Die kleinen aber feinen Unterschiede

Michael Peternek sieht noch weitere Unterschiede: „Bei uns in Leipzig bilden das Kernrepertoire vor allem die Musik des Barock, der Klassik und Romantik. In Boston steht dagegen die französische Musik hoch im Kurs und ist auch bei den ersten Proben bereits fast ein Selbstläufer. Außerdem habe ich eine Woche lang im Boston Pops Orchestra verjazzte Weihnachtslieder gespielt. Dieses Repertoire kommt im Spielplan des GHO nicht vor. Es kennenzulernen und auf so einem grandiosen Niveau zu präsentieren ist wirklich toll!“

Jonah Ellsworth beobachtet auch Unterschiede in der künstlerischen Arbeit: „Amerikanische Orchester legen sehr viel Wert auf die technische Seite des Musizierens wie Intonation, Artikulation und ak-kuraten Rhythmus. Deutsche Orchester sind dahingehend nicht schlechter, aber es herrscht ein freierer Geist, was den Taktschlag und den Atem anbelangt. Die Atmosphäre ist entspannter, und man kann sich musikalisch mehr ausleben“ – was den jungen Cellisten offenbar so sehr begeistert, dass er seinen Austauschzeitraum gleich ins Frühjahr hinein verlängert hat.

Im Rahmen des diesjährigen Schostakowitsch Festival Leipzig kommt die Orchesterallianz ebenfalls zum Tragen, wenn beide Klangkörper alle fünfzehn Sinfonien Schostakowitschs interpretieren. Außerdem bilden das GHO und das BSO aus den Reihen ihrer Nachwuchsprogramme – der Mendelssohn-Orchesterakademie und des Tanglewood Music Center – das Festivalorchester. Nicht zuletzt werden Jonah Ellsworth und Michael Peternek wahrscheinlich sogar gemeinsam in der Cellogruppe streichen, wenn bei drei Aufführungen von Schostakowitschs „Leningrader Sinfonie“ das GHO zusammen mit dem BSO unter der Leitung von Andris Nelsons auf der Bühne des Gewandhauses zu erleben ist.

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