Arnold Schönbergs „Gurre-Lieder“

Spätromantischer Wohlklang vereitelte den Krawall

Mehr als zehn Jahre arbeitete Arnold Schönberg an seinen „Gurre-Liedern“. Die Uraufführung sollte zu seinem größten Erfolg werden

© Wikimedia Commons

Arnold Schönberg

Arnold Schönberg

Es ist bis heute nicht so, dass Arnold Schönberg ein Komponist für die breite Masse geworden wäre. Kurioserweise gelang ihm aber sein wohl größter Erfolg ausgerechnet mit einem seiner – auch für die Zuhörer – aufwendigsten Werke. Dieser Erfolg allerdings hatte einen denkbar langen Vorlauf. Bereits 1901 hatte Schönberg die Komposition seiner „Gurre-Lieder“ vollendet. Doch dann dauerte es noch rund zehn Jahre, in denen er Umarbeitungen vornahm und sich immer wieder mit der komplexen Orchestrierung beschäftigte. Er bediente sich musikalisch wie formal einer ungeheuren Vielfalt an Mitteln. So lassen sich Elemente eines Liederzyklus ebenso finden wie des Musikdramas im wagnerschen Sinne.

1911 beendete Schönberg, der sich inzwischen von der Tonalität weitgehend abgewandt hatte, sein Werk. Als Grundlage für dieses „Oratorium in 3 Teilen für Sopran, Mezzosopran, 2 Tenöre, Bass, Sprecher, 3 vierstimmige Männerchöre, achtstimmigen gemischten Chor und großes Orchester“ dienten ihm Gedichte des dänischen Botanikers und Dichters Jens Peter Jacobsen (1847–1885). Franz Schreker brachte es im Wiener Musikvereinssaal im Februar 1913 zur Uraufführung. Vom gefürchteten Neutöner Schönberg hatte das Publikum alles erwartet, nur nicht diese spätromantisch üppige, schönklangselige und pathetisch-prächtige Komposition. Zwar hatten sich einige grimmige Besucher auf Krawall und Protest eingestellt und wollten für eine Geräuschoffensive mit ihren damals noch recht großen Haustorschlüsseln sorgen, indes kam es ganz anders:

Tränennasse Gesichter bei der Uraufführung der „Gurre-Lieder“

„Das jubelnde Rufen, das schon nach dem ersten Teil losbrach, stieg zum Tumult nach dem dritten, … Und als dann der machtvoll aufbrausende Sonnenaufgangsgruß des Chors vorüber war, … kannte das Jauchzen keine Grenze mehr; mit tränennassen Gesichtern wurde dem Tondichter ein Dank entgegengerufen, der wärmer und eindringlicher klang, als es sonst bei einem ‚Erfolg‘ zu sein pflegt: er klang wie eine Abbitte.“ Derlei war nach dem denkwürdigen Konzert in der Berliner Zeitschrift „März“ zu lesen. Natürlich trug auch die lyrisch aufbereitete Geschichte zum unerwarteten Erfolg bei. Erzählt wird nämlich vom König Waldemar Atterdag und seiner Geliebten Tove, die von der eifersüchtigen Gattin ermordet wird.

concerti-Tipp:

Oldenburg So. 3.6., 18:00 Uhr Weser-Ems-Hallen
Bielefeld Fr. 15.6., 20:00 Uhr & So. 17.6., 11:00 Uhr Rudolf-Oetker-Halle

Schönberg: Gurre-Lieder
Sarah Kuffner (Sopran), Melanie Lang (Mezzosopran), Thomas Mohr (Tenor), Daniel Pataky (Tenor), Kihun Yoon (Bass), Chöre und Extrachöre des Oldenburgischen Staatstheaters & des Theaters Bielefeld, Oldenburgisches Staatsorchester, Bielefelder Philharmoniker, Hendrik Vestmann (Leitung)

Kommentare sind geschlossen.