
Rezension Sean Shibe – Broken Branches
Zielgenaue Emotionen
Europäische Komponisten treffen auf sephardische Gesänge: Gitarrist Sean Shibe und Tenor Karim Sulayman spinnen einen hochaktuellen Dialog.
Den jungen Gitarristen Sean Shibe erlebt man in Interviews als reflektierten Künstler mit klaren Vorstellungen. Als Sohn eines Schotten und einer Japanerin hat er eine deutliche Meinung zu Brexit und Commonwealth. Diskurse des Postkolonialismus und Edward Saids Kritik am „Orientalismus“ prägen Shibes aktuelles Album, das er gemeinsam mit dem libanesisch-amerikanischen Tenor Karim Sulayman aufgenommen hat. Europäische Komponisten wie Dowland, Monteverdi und Britten treten in einen Dialog mit sephardischen Gesängen, maurischer Musik, dem ägyptischen Komponisten Darwish und dem Japaner Takemitsu. Shibe, der auch einige Solostücke spielt, etwa Sufi Dance von Harvey, erweist sich auf der Höhe seiner Kunst, bringt zarte Gewebe, rasante Läufe und Umspielungen. Er forscht in mikrotonalen Bereichen und arabischen Maqamat, kreiert glühende Akkorde und hat rhythmische Verve. Sulayman interpretiert die Lieder mit schlankem, wandlungsfähigem Tenor. Mit wohligem Schmelz hat seine Stimme auch in leisen, intimen Momenten Strahlkraft. Fokussiert transportiert er zielgenau die Emotionen der Stücke. Mehr davon!
© Kaupo Kikkas

Sean Shibe
Broken Branches
Werke von Dowland, Harvey, Caccini, Monteverdi, Britten, Takemitsu u. a.
Karim Sulayman (Tenor), Sean Shibe (Gitarre)
Pentatone
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