
Rezension Monteverdi: L'incoronazione di Poppea
Faszinierend bestialisch
Sonya Yoncheva und das Ensemble Les Arts Florissants brillieren mit Claudio Monteverdis letzter Oper „L'incoronazione di Poppea“.
An erotischer Deutlichkeit wie amoralischer Schönheit lässt dieser Mitschnitt von den Salzburger Festspielen 2018 keine Wünsche offen. Les Arts Florissants, die gerade ihr 40-jähriges Jubiläum feiern, bilden mit den hervorragenden Stimmen eine kongeniale Ensemble-Allianz. William Christie macht Monteverdis letzte Oper mit dunklen instrumentalen Farben zu einem Triumph der Laszivität. Hedonismus pur: Sonya Yoncheva intrigiert, buhlt, schmachtet als skrupellose Poppea mit verführerischem Sopran und schon perfider Leichtigkeit. Dieses Spiel vom Sieg der Korruption aus dem Jahr 1643 zeigt sich mit einem lockenden Reichtum an Stimmungen und suggestiver Deutlichkeit, die einer Legitimation der rigiden Selbstverwirklichung Neros und Poppeas gleichkommt. Ein Meisterstück musikdramatischer Charakterisierungkunst: Christie bringt das zum Klingen, obwohl er dem Ensemble vokales Zähnefletschen und extrovertierte Drohgebärden verbietet. Die hervorragenden Les Arts Florissants setzen auf weiche, runde Klangfarben und steuern nur ganz selten dynamische Extreme an. Lässige Melancholie und glühende Triebhaftigkeit klaren sich im finalen Liebesduett zu distanzierter Heiterkeit auf. Faszinierend, bestialisch, böse.
© Gregor Hohenberg

Sonya Yoncheva
Monteverdi: L’incoronazione di Poppea
Sonya Yoncheva (Sopran), Kate Lindsey & Stéphanie d’Oustrac (Mezzosopran), Les Arts Florissants, William Christie (Leitung)
harmonia mundi
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