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Die Glasharfe

Kristallklare Klänge

Gläser sind nicht nur schön anzusehen, sondern auch schön anzuhören. Der zarte und reine Ton der Glasharfe bezaubert – und hat auch noch eine lange Tradition

vonNicole Korzonnek,

Gläser faszinieren. Sie können schlicht und praktisch als ordinäres Trinkgefäß daherkommen, oder aber mundgeblasen und diamantgeschliffen ein perfekter Kelch für edle Tropfen sein. Nicht minder faszinierend sind die Töne, die man mit einem feuchten Finger ganz simpel auf einem Gläserrand erzeugen kann: je nach Füllmenge des Glases variiert der Ton, durch Anpassung des Fingerdrucks lässt sich sogar die Lautstärke regeln. Will man aber eine schöne Melodie mit mehreren Gläsern spielen, gestaltet sich die Sache dann doch nicht so einfach. Abgesehen von der Fingerfertigkeit, braucht man eine Menge Geduld beim Stimmen der Gläser – und ein gutes Gehör. Abhängig vom Raumklima muss zudem auch manchmal nachgestimmt werden. Da kommen dann die Profimusiker ins Spiel. Und mit ihnen die Glasharfe.

Klingendes Glas

Das Glasmusikspiel blickt auf eine lange Tradition zurück. Bereits im Spätmittelalter nutzen Spielleute Glasinstrumente, die mit einem Klöppel geschlagen oder mit feuchten Fingern gespielt wurden. Die erste Abbildung eines Glasinstruments findet man in Gaffurios „Theoria Musicae“ aus dem Jahr 1492, während man das älteste noch erhaltene Instrument aus dem Jahr 1594 heute in der Sammlung von Schloss Amras bei Innsbruck bewundern kann. Im 16. und 17. Jahrhundert war das Glasspiel vor allem in Böhmen und Schlesien weit verbreitet. Mitte des 18. Jahrhunderts sorgte es dank des Musikers Richard Pockrich in England für Furore, der sogar Händels „Wassermusik“ auf Glas interpretierte. 1761 entwickelte Benjamin Franklin dann seine Glasharmonika, die alle übrigen Glasinstrumente temporär verdrängte.

Das Wiener Glasharmonika Duo an Glasharmonika und Verrofon
Das Wiener Glasharmonika Duo an Glasharmonika und Verrofon © Günter Hofstädter/Wiener Glasharmonika Duo

Doch die Beliebtheit hatte schon bald seinen Höhepunkt überschritten. Immer seltener wurde dafür komponiert. Der zarte und reine Klang war nicht mehr gefragt, da er in den immer mächtiger ertönenden Orchestern akustisch unterging. Erst im 20. Jahrhundert kam es dank Bruno Hoffmann, der von 1913 bis 1991 lebte, zu einer Renaissance des Glasspiels. Er entwickelte die Glasharfe: mehrere Gläserreihen, die fest auf einem Brett verankert sind und dessen chromatische Tonfolgen vom kleinen g bis zum viergestrichenen d reichen.

Glasharfenvariationen

Susanne Würmell an der Glasharfe
Susanne Würmell an der Glasharfe © privat

Jedoch können die einzelnen Instrumente der Glasharfenspieler entscheidend variieren. So kann man sich sein Instrument zum Beispiel selbst basteln. Durch die eigene Gläserzusammenstellung hat man so auch Einfluss auf den Klang seiner Glasharfe. Solche Instrumente werden meistens nach wie vor mit Wasser gefüllt, was das Spiel durchaus schwierig gestalten kann. Zum einen braucht es destilliertes Wasser, damit Kalkränder den Klang nicht trüben. Zum anderen kann es gut 30 Minuten dauern, bis man sein Instrument gestimmt hat – Nachstimmzeit, wenn zu viel Wasser verdunstet ist, nicht mit eingerechnet.

Viele Musiker bevorzugen deswegen Instrumente von Glasharfenbauern wie Sascha Reckert aus Ahlen, dessen Harfengläser nicht mehr mit Wasser gefüllt werden müssen, weil die Glasgröße an sich die Tonhöhe definiert. Dank eines speziellen Diamantschleifverfahrens ist ein Nachstimmen des Instruments nie wieder nötig.

Martin Hilmer, Verrofon
Martin Hilmer am Verrofon. Das Verrofon kann auch mit Schlägeln gespielt werden © privat

Wem die herkömmliche Glasharfe mit ihren unzähligen Gläsern zu sperrig ist, kann auch auf die moderne Variante zurückgreifen: das Verrofon, das an Reagenzgläser in einem Ständer erinnert. Wobei auch Verrofone recht groß und beeindruckend sein können.

Obwohl für die Glasharfe über 400 klassische und ebenso viele moderne Stücke komponiert wurden, bleibt dieses Instrument trotz dessen Renaissance in den vergangenen Jahrzehnten ein Exot. Zwar gibt es inzwischen regelmäßig Glasharfensolokonzerte diverser Künstler, aber in Orchestern ist sie nach wie vor selten zu hören.

Glasharfe ohne Wasser:

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Glasharfe mit Wasser:

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Das Verrofon:

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