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Mein Publikumserlebnis …

… Nils Mönkemeyer

Während der Votingphase für das Publikum des Jahres 2019 fragen wir Künstler nach ihren besonderen Publikumserlebnissen. Heute erzählt Nils Mönkemeyer.

vonSusanne Bánhidai,

Ich finde immer sehr interessant, wie unterschiedlich das Publikum in den verschiedenen Ländern reagiert und applaudiert. Wenn man das nicht weiß, könnte man zum Beispiel in den Niederlanden denken, dass die Menschen einen von vornherein ganz furchtbar finden. Denn dort endet der Applaus sofort, sobald man einen Fuß auf die Bühne gesetzt hat. Sie sind sehr herzlich, klatschen aber wahnsinnig kurz. Mich hat das beim ersten Mal schon verunsichert.

Die Japaner klatschen auch auf eine ganz besondere Art, das rauscht einmal so durch den Saal, und dann hören alle fast gleichzeitig auf. Und danach bewegen sie sich nicht mehr. Meine erste Tour in Japan war eine Solo-Tour mit Suiten von Johann Sebastian Bach, was man als Bratscher nicht so oft macht. Ich fand es schon fast unheimlich, wie ruhig es zwischen den Sätzen war. Das ist eine Form des Respekts. Zur Bescheidenheitskultur dort gehört, dass es dir als Einzelperson nicht zusteht, zu äußern, ob du das gut oder schlecht findest.

Erfüllt gerne Publikumswünsche: Nils Mönkemeyer

Aber wenn ich signiere, mache ich ganz andere Erfahrungen. Die Japaner nehmen nach dem Konzert gerne eine persönliche Erinnerung mit nach Hause und bitten mich dann um ein Foto mit ihnen. Einmal kam eine Frau zu mir an den Tisch und hat erzählt, dass sie eine Bratsche von Peter Erben gekauft hat, meinem Geigenbauer in München. Sie bat mich, ob ich sie mir mal ansehen könnte. Dann spielte ich ein paar Töne darauf und man merkte, wie sich ihr Wesen veränderte. Diese schüchterne und sich tausendmal verbeugende Frau zeigte plötzlich sehr deutlich, wie viel ihr die Musik und diese Töne bedeuteten.

Das ist in Japan eine schräge Mischung aus persönlicher, sehr emotionaler Ansprache, was man aber erst später beim Signieren mitbekommt, und einer großen Aufmerksamkeit und Spannung während des Konzerterlebens, die mich am Anfang sehr eingeschüchtert hat. Da wird nicht so herumgehustet wie in den deutschen Philharmonien – ohne eine namentlich zu nennen. Diesbezüglich haben die Japaner eine erstaunliche Selbstdisziplin. Bei einer Orchestertournee konnte ich in der zweiten Hälfte mal im Publikum sitzen und habe erlebt, wie sich eine Frau neben mir bei einem Hustenanfall das Taschentuch in den Mund stopfte. Sie heulte vor Anstrengung, aber es war kein Laut zu hören.

Wer wird das Publikum des Jahres 2019? Stimmen Sie jetzt ab.

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