Das Sinnieren über Musik ist häufig Thema in Ihren Romanen. Wie sind Sie zur Klassik gekommen?
Albrecht Selge: Als ich achtzehn war, nahm mich mein Vater mit in „Die Walküre“, dirigiert vom jungen Christian Thielemann. Das hat mich so angefixt, dass ich mir unbedarft den restlichen „Ring“ angeschaut habe. Mit fünfundzwanzig studierte ich in Wien und verbummelte meine Zeit dort auf den Stehplätzen der Staatsoper. Mit dreißig fing ich an, häufig ins Konzert zu gehen, und mit vierzig, darüber zu schreiben. Musik ist emotional und geistig ein Lebensgrund für mich. Ich habe Phasen, in denen muss ich dauernd große Opern hören, in anderen sind es Streichquartette. Ja, manchmal höre ich sogar leidenschaftlich gern Zeitgenössisches.
Machen Sie auch aktiv Musik?
Selge: Ein Meister würde es vielleicht nicht Musik nennen, sondern Gepfusche, aber ich spiele sehr gern Klavier. Seit sechs Jahren nehme ich wieder Unterricht bei einer Schülerin von Claudio Arrau, die bei uns im Viertel lebt. Wenn ich zwischen dem Schreiben allein in meiner Wohnung bin, setze ich mich an unseren alten Blüthner-Flügel und versinke in seinem weichen Klang.
Welchen Komponisten hätten Sie gerne getroffen?
Selge: Es gibt viele, die ich bewundere, aber die mich wohl einschüchtern oder enttäuschen würden. Mit Richard Strauss könnte ich mir jedoch einen gemeinsamen Abend im Wirtshaus vorstellen.