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Porträt Ariane ­Matiakh

Verliebt in Halle

Die frischgebackene Generalmusikdirektorin der Staatskapelle Halle, Ariane Matiakh, geht in Zeiten der allgegenwärtigen Globalisierung von Orchesterklängen ihren eigenen Weg.

vonChristian Schmidt,

Glucksendes Lachen, offene Augen und ein herrlicher französischer Akzent – mag sein, dass positive Klischees die Sympathie befördern. Aber Ariane ­Matiakh, noch nicht mal vierzig, steckt einfach an mit ihrer jugendlichen, ernsthaften Fröhlichkeit. Nach Erfurt und Magdeburg hat Mitteldeutschland mit Ariane Matiakh nun schon die dritte Generalmusikdirektorin. Zur neuen Saison beginnt die bei Paris aufgewachsene Tochter zweier Opernsänger ihre Arbeit bei der Staatskapelle Halle, wo erstmals seit der Fusion von Philharmonikern und Opern­orchester vor dreizehn Jahren nun endgültig 115 Musikerstellen für Kontinuität sorgen. „Vorher schien es manchmal, als würde man mit drei unterschiedlichen Orchestern spielen, und es war nie ganz klar, wie viele bleiben können, jetzt haben wir eine verlässliche Grundlage“, sagt Matiakh erleichtert. Als Generalmusikdirektorin ist sie nicht nur für das Programm zuständig, sondern hat auch administrative Aufgaben, braucht neben musikalischer Exzellenz auch soziale Kompetenz. In der aufgeklärten Musikwelt ist es schon seit Langem modern geworden, sich auf Augenhöhe zu begegnen.

Als Wunschkandidatin des Orchesters ist Ariane Matiakh „irrsinnig froh“, in der Stadt Händels zu arbeiten. „Ich habe schon nach meinen ersten Gastspielen hier in der Marktkirche an der Orgel gespielt, an der Händel Organist wurde. Man merkt schnell, wie reich und geschichtsträchtig die ganze Gegend für Musiker ist“, sagt Matiakh, die nach ihrem Studium in Wien wichtige Anregungen von Größen wie Seiji Ozawa oder Nikolaus Harnoncourt erhielt und inzwischen international gefragt ist. Mit nur 34 Jahren wurde ihr vom französischen Kulturministerium der Ehrentitel „Chevalier de l’Ordre des Arts et des Lettres“ verliehen. Ariane Matiakh, die ihren Sinn für die Klangfarben des Orchesters entwickelte, als sie noch als kleines Mädchen im Graben saß, wenn ihre Eltern auf der Bühne standen, hat die Welt gesehen und sich in Halle verliebt. „Man muss als Generalmusikdirektorin auch Stadt und Menschen verstehen, die ihre Heimat und zum Glück auch ihr Orchester schätzen.“

Voneinander lernen

Ariane Matiakh
Ariane Matiakh

Die Frage, was eine 39-Jährige einem Orchester mit über 200-jähriger Tradition geben, wie sie es entwickeln kann, stellt Ariane Matiakh gleich selbst. „Ich bin Frau, ich bin Französin, das gibt vielleicht eine andere Sicht auf viele Dinge, so dass wir gegenseitig voneinander lernen können.“ Durchaus ungewöhnlich mutet denn auch der programmatische Schwerpunkt ihrer ersten Saison an: Abgesehen von Jean Sibelius sind skandinavische Komponisten wie Wilhelm Stenhammar oder Kurt Atterberg in Deutschland kaum zu hören. „Ich habe eine starke Beziehung zu diesen Ländern, habe dort viel gearbeitet und Meisterklassen gegeben, Schwe­­disch gelernt. Skandinavien ist ein Teil von mir.“ Nicht zuletzt, meint Matiakh, sei skandinavische Musik gut für die Transparenz und Stilbildung eines Orchesters. Daneben gibt es viele slawische Werke und natürlich das deutsche Kernrepertoire des Orchesters: „Durch die Dreiteilung unserer Aufgaben in Sinfoniekonzerte, Opern­aufführungen und Händelfestspielorchester sind unsere Musiker sehr beschäftigt, und wenn wir unsere Dienste gut teilen, können wir viele unterschiedliche Farben bedienen, das ist eine tolle Sache.“

Auf solchem Vertrauen kann man gut bauen, und so möchte Ariane Matiakh ihre Zusammenarbeit mit dem Label ­Capriccio nun auch in die Hallenser Ehe einbringen: „Gute Aufnahmen stärken die Identität.“ Dazu gehört ein gesundes Selbstvertrauen, das sich der allgegenwärtigen Globalisierung von Orchesterklängen nicht unterwirft. Gern zitiert Matiakh ihr Vorbild Nikolaus Harnoncourt, der abseits musikwissenschaftlicher Erkenntnisse stets das eigene Gespür zum Maßstab nahm, weil ohnehin keine „richtige“ Interpretation beweisbar sei: „Es macht mir Mut, meine eigene Sicht als prägend zu sehen, statt auf Vorbilder Bezug zu nehmen.“ So wichtig wie das Wissen sei auch die eigene Inspiration, meint Ariane ­Matiakh: „Auf dieser Basis entwickeln wir unseren Geschmack, und erst damit beginnt die Interpretation.“

Album Cover für
C. Schumann & Beethoven: Klavierkonzerte Ragna Schirmer (Klavier), Staatskapelle Halle, Ariane Matiakh (Leitung) Berlin Clasics

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