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Porträt Lise de la Salle

Mit ganzer Seele

Die junge Pianistin Lise de la Salle geht ihre eigenen Wege – und das höchst erfolgreich

vonArnt Cobbers,

Unter Fachleuten gilt sie als Riesen-Talent, ihre CDs und Konzerte werden hymnisch gefeiert. Trotz ihres jugendlichen Alters ist Lise de la Salle schon fast ein alter Hase im Musikgeschäft und Zuhause auf allen Bühnen: „Mein Leben ist schon verrückt: Beim Los Angeles Philharmonic Orchestra war ich dreimal im ausverkauften Riesensaal der Star, fünf Tage später habe ich in einer Kirche in Nürtingen gespielt, wo mich kaum einer kannte. Und nun sitze ich hier mitten in Berlin in diesem wunderbar verrückten Hotel. Ich mag diese Mischung.“

Geboren 1988 in Cherbourg, aber noch im ersten Lebensjahr nach Paris umgezogen, wuchs sie in einer musikverrückten Familie auf. „Ich habe Musik gehört, so lange ich denken kann. In unserer Wohnung stand das Klavier meiner Großmutter, auf dem ich noch heute arbeite, und ich habe so lange gebettelt, bis ich Unterricht bekam, Gruppenunterricht. Und als der Lehrer uns Kinder in der zweiten Stunde fragte, was wir mal werden wollten, habe ich angeblich geantwortet: Pianistin. Das war für mich immer klar.“

Mit acht kam Lise de la Salle aufs Jugend-Konservatorium, mit neun hatte sie ihren ersten Konzertauftritt. Mit zehn verließ sie die normale Schule und begann mit Fernunterricht per Post – in Frankreich nicht völlig ungewöhnlich. Klavierunterricht erhielt sie privat von Pascal Nemirovski, und eher der Form halber ging sie mit 15, wieder mit Sondergenehmigung, ans Conservatoire supérieur. Mit 14 lernte sie ihren (Münchner) Konzertagenten kennen – „ein wunderbarer, kluger Mann, der mir geraten hat, mich langsam zu entwickeln“ – und erhielt einen CD-Vertrag beim renommierten Label naïve. Mit 18 schließlich machte sie neben ihrem Abitur auch ihren Hochschulabschluss.

Sie zog in eine eigene Wohnung, begann ihr eigenes Geld zu verdienen und trennte sich von ihrem Lehrer. „Ich wollte lieber was Dummes auf eigene Verantwortung machen als immer das Richtige unter Anleitung von anderen. Aber ich habe es nie bereut. Manchmal spiele ich meiner Mutter vor, die großartige Ohren und keine Ahnung von der Klaviertechnik hat. Das ist sehr gut, weil sie nur von der Musik her denkt. Sie gibt mir wichtige Anregungen.“

Im Konzert wirkt Lise de la Salle ernst und selbstbewusst. „Da bin ich völlig auf die Musik fokussiert, und da fühle ich mich sehr sicher. Aber eigentlich bin ich gar nicht so selbstbewusst und gefestigt. Ich glaube, die Gefahr, dass ich abhebe, ist nicht groß.“

Sitzt man ihr im Gespräch gegenüber, erlebt man sie als kluge, reflektierende Musikerin, die aber auch gern lacht und jugendlich-fröhlich plaudern kann. Und die ihr Leben genießt.

„Ich liebe es, auf der Bühne zu sein. Was da passiert, ist eine Art Magie. Ich habe natürlich eine Interpretation im Kopf. Aber dann versuche ich, meinen Kopf leer zu machen und zu spielen, als würde ich das Stück gerade erst entdecken. Das ist sehr spannend.“

Ihr Repertoire ist breit, ihre Programme sind oft überraschend kombiniert:  Bach mit Liszt, Rachmaninow mit Ravel, Mozart mit Prokofjew. „Ich will die Zuhörer auf eine ungewöhnliche Reise mitnehmen. Und ich spiele nur das, was mir wirklich wichtig ist. Bei einem Büffet pickt man sich doch auch die leckersten Sachen heraus. Es gibt so viele wunderbare Werke von Bach bis Messiaen.“

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