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Buch-Rezension Martin Geck – Beethoven

Beethoven-Expeditionen

In seiner aktuellen Beethoven-Biografie reißt Martin Geck thematisch gebündelte Musikhorizonte auf

vonNicole Korzonnek,

Nicht noch eine Beethoven-Biografie! Doch, unbedingt, und zwar genau diese hier! Denn fernab von schnöden Lebensdaten, nichtssagenden Kompositionschroniken, drögen Werkanalysen oder boulevardesken Spekulationen rund um das Thema der unsterblichen Geliebten setzt Martin Geck Beethoven in Bezug zu historischen Persönlichkeiten oder Zeitgenossen, die den Bonner Komponisten beeinflusst, wenn nicht gar geprägt haben, und spinnt den Faden dann wiederum weiter zu Komponisten und Kulturschaffenden, die dann von Beethoven beeinflusst und geprägt wurden. Womit der Untertitel „Der Schöpfer und sein Universum“ schon gar nicht mehr so größenwahnsinnig anmutet.

Zwölf Beethoven-Expeditionen

Geck, der erst vor zwei Jahren mit seinem äußerlich dünnen und innerlich reihhaltigen Bändchen über Beethovens Sinfonien beeindruckte und dessen Biografien über Bach, Mozart, Schumann oder Wagner ebenso musikwissenschaftliche Meilensteine sind wie sein Buch über Matthias Claudius, begibt sich hier in 37 Personenkapiteln auf zwölf thematisch gebündelte Beethoven-Expeditionen. Anhand der Biografien anderer Persönlichkeiten stößt er so die Tür zum Universum des Komponisten ganz weit auf – und rollt dem Leser dank stringenter Logik, persönlichen Interpretationen und einem ebenso feinen wie hoch intelligenten Humor den roten Teppich bis ins Innerste von Beethovens Schaffen aus.

Denn in Kapiteln wie „Titanismus“, „Transzendenz“ oder „Utopien“ beleuchtet Geck, wie Beethoven in seinem Schaffen etwa von Napoleon, Shakespeare oder Jean Paul beeinflusst wurde – und wie er wiederum Richard Wagner, Glenn Gould oder Aldous Huxley prägte. Auch wenn es manchmal primär um andere Menschen und deren Schaffen geht, so ist doch Beethoven in jeder Zeile dieses biografischen Wälzers allgegenwärtig.

Beethoven-Biografie der Superlative

Dank der thematischen Bündelung und dem konsequenten Fokus auf den Komponisten reißt Martin Geck so neue Musikhorizonte auf. Ganz nebenbei lernt man Beethovens Leben, Denken und Inspirationsquellen ebenso kennen wie interessante Analysen seiner Kompositionen. Denn auch diese setzt Geck stets in einen geschichtlichen Kontext, klopft sie nicht nur musikwissenschaftlich, sondern vor allem menschlich ab. So erhält jede analysierte Note in diesem Buch einen eigenen Lebenshauch, eine zusätzliche Daseinsberechtigung.

Das Beethoven-Jahr wird zwar erst 2020 gefeiert (womit schon jetzt klar ist, dass es dann auch eine Beethoven-Bücherschwemme geben wird), aber die Beethoven-Biografie schlechthin wurde bereits jetzt dank Martin Geck auf den Markt gebracht. Obwohl „Biografie“ vielleicht das falsche Wort ist. „Zeitgeschichtsteppich“ trifft es eher. Ein Thema, das mit nur einem Faden gewebt wird. Und der heißt Beethoven.

Beethoven. Der Schöpfer und sein Universum – Im musikalischen Netz der Zeitgeschichte

Martin Geck
512 Seiten
Siedler Verlag

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