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Buchrezension – Kevin Clarke (Hg.): Glitter and Be Gay Reloaded

Wilder als gedacht

Die von Kevin Clarke herausgegebene Anthologie „Glitter and Be Gay Reloaded“ beschreibt die Operette als subversive Kunst.

vonEcki Ramón Weber,

Das knallgelbe Cover dieses opulenten Bandes zeigt eine Operettendiva, die auf Händen getragen wird. Es ist der Sänger und Schauspieler Christoph Marti in der Rolle der Clivia in Nico Dostals gleichnamiger Operette, neu inszeniert 2014 an der Komischen Oper Berlin von Stefan Huber. Dessen Intendant Barrie Kosky leitete dort eine einzigartige Operettenrenaissance ein: Vergessene, von den Nazis verfemte und später verfälschte Werke der jüdisch-berlinerischen Jazz-Operette aus der Weimarer Republik kamen auf die Bühne, aber auch Offenbach-Werke. Besetzt mit Opernsängern, Schauspielern und Größen des Musikkabaretts wie Marti, der Teil der Gruppe Geschwister Pfister ist. Ganz im Geist der 1920er-Jahre. Es gab viele Entdeckungen und die Erkenntnis: Das vermeintlich brave Genre ist richtig wild in adäquater Aufführungspraxis.

Diese Entwicklungen erforderten es, eine komplett aufgefrischte Version des 2007 publizierten Buchs vom Operettenexperten Kevin Clarke zusammenzustellen. Analysen mit internationaler Perspektive, auch auf Zarzuela und britische Operette, legen dar, dass das Genre mit Subversion und Camp, also aufwendig kreiertem Kitsch, sowie durch besondere Codes queere und andere marginalisierte Gruppen ansprach und anspricht. Zudem gibt es viele Positionen aus der Theaterpraxis, von Regisseur Axel Ranisch, der die DDR-Operette wiederbelebte, bis zum Kollektiv tutti d*amore, das Operette in Clubs bringt und kürzlich mit Oscar Straus’ Wagner-Parodie „Die lustigen Nibelungen“ an der Deutschen Oper Berlin für Furore sorgte. Erfrischend!

Operettenexperte und Musikwissenschaftler: Kevin Clarke
Operettenexperte und Musikwissenschaftler: Kevin Clarke

Glitter and Be Gay Reloaded. Die authentische Operette und ihre schwulen Verehrer
Kevin Clarke (Hg.)
Männerschwarm, 352 Seiten
25 Euro

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