Wie laut dröhnt doch das Lamento gegen überalterte Säle und die Entwertung des Klassikbetriebs, nicht erst seit der Corona-Pandemie! Erstaunlicherweise wächst doch immer wieder Publikum nach, denn die Klangkörper investieren einiges in ihre Bildungsarbeit. Es mag aber auch daran liegen, dass sich jedes Jahr Abertausende von Jugendlichen auf Wartelisten von Musikschulen setzen lassen und sogar bei Landes- und Bundeswettbewerben im selbstständigen Musizieren messen. Unplugged, analog und mit eigenem künstlerischen Anspruch.
Dass sie bisweilen sogar komponieren, ist nicht selten, aber durchaus ungewöhnlich. Besonders innovativ in der Arbeit mit jungen Menschen zeigt sich seit Jahr und Tag das Beethoven Orchester Bonn, das nicht nur den üblichen Tross aus Familien- und Schülerkonzerten anbietet und mit seinem „Lauschmobil“ durch Kindergärten und Schulen tingelt, sondern in Kooperation mit diversen Musikschulen auch Kompositionen junger Talente aufführt. Hier geht es also mal nicht darum, alte Werke neuen Hörern nahezubringen, auf dass sie später mal Abonnenten werden. Im „BaseCamp Neue Musik“ experimentieren junge Menschen selbst mit Klängen und entwickeln eigene Werke, denen das Bonner Orchester dann Leben einhaucht.
Sohn Philip bedient das Cello
Einer ihrer wichtigsten Trainer ist der Komponist David Paul Graham, der nach ersten Versuchen im italienischen Städtchen Montepulciano schon viele Jugendprojekte auf die Beine gestellt hat. Unter dem Titel „Premiere“ leitet der Rheinländer mit britischen Wurzeln unter anderem vierwöchige Kompositionskurse für junge Menschen im Alter zwischen neun und 19 Jahren. Von den dort entstandenen Werken werden regelmäßig einige im „Beethoven Piano Club“ der Öffentlichkeit vorgestellt.
Im Rahmen der Projekttage für Neue Musik für Jugendliche bringt der 73-Jährige, der bei Hans Werner Henze studierte, nun selbst ein eigenes Auftragswerk zur Uraufführung: sein Konzert für Klavierquartett und Kammerorchester. Dafür hat er sich neben dem Hausorchester das Notos-Quartett engagiert, in dem sein eigener Sohn Philip das Cello bedient. Wenn das kein Beweis für eine nachhaltige Jugendarbeit ist …