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Oper im Porträt

Donizetti: Lucia di Lammermoor

„Lucia di Lammermoor“ war im 20. Jahrhundert zweitweise die einzige gespielte Oper von Gaetano Donizetti

vonPatrick Erb,

In der literarischen Vorlage wohnt sie in einem nebelbehangenen Schloss auf einer Klippe in den schottischen Lowlands an einem Ort, der auch ihre Herkunft verrät: Lucia di Lammermoor. Das „Dramma lirico“ nach einem Libretto von Salvadore Cammarano und auf Grundlage von Walter Scotts Novelle „Die Braut von Lammermoor“ gehört zu den meistgespielten Werken seines Schöpfers Gaetano Donizetti.

Walter Scott und die Großbritannien-Verehrung

Dass der Italiener auf eine literarische Vorlage des Schotten Scott zurückgreift, ist kein Zufall. Denn auf dem europäischen Festland war man interessiert an den „exotischen“ Stoffen und Erzählungen der benachbarten Insel. Sie sind fremd, theatergeschichtlich unverbraucht und bisweilen von mystischen und märchenhaften Vorstellungen geprägt. So hat mit Vincenzo Bellini ein Komponist aus dem unmittelbaren künstlerischen Umfeld Donizettis im Januar 1835 mit „I Puritani“ eine artverwandte Oper vorgelegt, die auf britischem Festland spielt. Aber auch Giuseppe Verdi lässt sich in „Macbeth von Shakespeares Schottenkönig in den Highlands inspirieren. Schließlich zeugen Donizettis Opern des Tudor-Zyklus („Anna Bolena“, „Maria Stuarda“ und „Roberto Devereux“) vom hohen Interesse an einem Königreich Britannien jenseits des Hauses Hannover.

Deckblatts für eine Klavierbearbeitung zu „Lucia di Lammermoor“
Deckblatts für eine Klavierbearbeitung zu „Lucia di Lammermoor“

Familienfehde

Wurzel der Geschehnisse ist der Konflikt zwischen der protestantischen Familie Ashton und der befeindeten, aus ihrem Schloss Lammermoor verdrängten katholischen Familie Ravenswood. Titelfigur Lucia Ashton trifft sich heimlich mit Edgardo di Ravenswood, dem Erzfeind ihres Bruders Enrico. Dieser möchte seine Schwester zudem aus politischen Gründen an die Hand Arturo Bucklaws geben. Schließlich stellt sich bei einem der heimlichen Treffen heraus, dass Lucia unter Wahnvorstellungen leidet. Ihr sei der Geist einer Frau erschienen, die von ihrem Geliebten, einem Ravenswood, aus Eifersucht erstochen wurde. Letztlich muss Lucia in die Heirat mit Arturo einwilligen. Sobald Edgardo beim Unterzeichnen des Ehevertrags hinzutritt, bricht eine Welt für sie zusammen. Bei der Feier tötet die verwirrte Lucia Arturo, irrt und halluziniert umher und fällt schließlich in Ohnmacht. Der Lucia immer noch liebende Edgardo, der gekommen war, um seine Fehde mit Enrico endgültig bei einem Duell zu beenden, erschießt sich daraufhin.

Farbillustration zu Walter Scotts „The Bride of Lammermoor“: Lucy soll in den Ehevertrag einwilligen
Farbillustration zu Walter Scotts „The Bride of Lammermoor“: Lucy soll in den Ehevertrag einwilligen

Schauerromantik und Glasharmonika

Ein düsterer, nebliger Handlungsort, übernatürliche Geistererscheinungen und eine mordlüsterne, wahnsinnige Lucia im weißen Kleid: Donizettis Belcanto-Oper zählt zu den frühen Höhepunkten der Schauerromantik. Die „Wahnsinnsszene“ im dritten Akt erlangte Weltruhm, nicht zuletzt aufgrund der eigentümlichen Orchestrierung, die Donizetti dafür vorgesehen hat: Mittels Glasharmonika soll die geisterhafte und kühle Stimmung unterstrichen werden. Tatsächlich fand sich bei der Uraufführung in Neapel kein geeigneter Instrumentalist, weshalb Donizetti auf eine Flöte zurückgreifen musste, was den triumphalen Erfolg dieses Werks allerdings nicht beeinflusste.

Bühnenentwurf zu „Lucia di Lammermoor“
Bühnenentwurf zu „Lucia di Lammermoor“

Die wichtigsten Fakten zu Donizettis „Lucia di Lammermoor“:

Orchesterbesetzung: Piccoloflöte, zwei Flöten, zwei Oboen, zwei Klarinetten, zwei Fagotte, vier Hörner, zwei Trompeten, drei Posaunen, Pauken, Schlagwerk, Harfe, Streicher und Banda; eventuell: Glasharmonika oder Glasharfe

Spieldauer: 2,5 Stunden

Uraufführung: Die Uraufführung fand am 26. September 1835 im Teatro San Carlo in Neapel statt.

Referenzeinspielung

Lucia di Lammermoor

Donizetti: Lucia di Lammermoor

Maria Callas, Giuseppe di Stefano, Tito Gobi, Raffaele Arié, Valiano Natalie, Ana Maria Canali, Orchestra del maggio Musicale Fiorentino, Tullio Stefano
Warner/EMI

Bei der 1953 entstandenen Aufnahme handelt es sich um die erste mit Maria Callas in der Hauptrolle. Mit dabei sind Tito Gobbi und Giuseppe di Stefano, die ab diesem Zeitpunkt ständige und bevorzugte Duettpartner von Maria Callas sind. Der Name Lucia di Lammermoor ist seit her mit der größten Operndiva aller Zeiten verbunden und der Mitschnitt ist einer der gelungensten – wenn auch ohne Glasharmonika.

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