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Nominiert zum „Publikum des Jahres 2020“: Stuttgarter Kammerorchester

Gemeinsam in die Zukunft

Letztes Jahr feierte das Stuttgarter Kammerorchester sein 75-jähriges Jubiläum. Jetzt ist es nominiert für das „Publikum des Jahres 2020“.

vonJulia Hellmig,

Von Anfang an stand das Publikum fest an der Seite des Stuttgarter Kammerorchesters. Als die Landeshauptstadt noch völlig zerbombt war, fand nur wenige Monate nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs bereits das erste Konzert unter der Leitung von Karl Münchinger statt. Die Vision des gebürtigen Stuttgarters war es, mit seinem Ensemble als musikalischem Botschafter nicht nur die eigene Bevölkerung, sondern auch Menschen jenseits der eigenen Landesgrenzen zu beglücken. So spielte das Stuttgarter Kammerorchester als erstes westdeutsches Orchester in der UdSSR sowie in China oder Südamerika. Statt auf pathetischen Sound setzte Münchinger vielmehr auf einen transparenten Klang, wovon sich unter anderem die Academy of St Martin in the Fields inspirieren ließ.

Das Stuttgarter Kammerorchester sieht sich selbst als kulturelle Instanz mit Verantwortung in einer Doppelrolle

Nach vier Jahrzehnten endete 1987 die „Ära Münchinger“. Mit Chefdirigent Dennis Russell Davies emanzipierte sich das Stuttgarter Kammerorchester Mitte der 1990er-Jahre von seinem Gründervater. Auf dem Programm standen ab sofort auch ungewöhnliche Konzertformate und Uraufführungen. Unter der Leitung seines aktuellen Intendanten und künstlerischen Leiters Markus Korselt sowie des musikalischen Führungsduos Thomas Zehetmair und Jörg Widmann sieht sich das Ensemble selbst als „kulturelle Instanz mit Verantwortung in einer Doppelrolle“. Sie wollen gleichermaßen die Tradition bewahren und klangliche und programmatische Maßstäbe für die Zukunft setzen.

Wegen Beschränkungen und Auftrittsverboten fiel die Saison zum 75-jährigen Jubiläum anders aus als geplant. Davon ließ sich das Stuttgarter Kammerorchester allerdings nicht unterkriegen und verlegte viele Konzerte ins Netz. Im Mittelpunkt stand immer die Frage, wie das Ensemble sein Publikum am besten erreichen kann, etwa mit einem Hologrammkonzert oder einer Möglichkeit für die Zuschauer, sich virtuell im Konzert neben seinen Lieblingsmusiker zu setzen. Auf die Frage, was ihm zurzeit am meisten fehle, antwortete Markus Korselt im concerti-Interview: „Es sind sehr stille Monate für mich, und das ist ganz merkwürdig. Wir warten sehnlichst darauf, diese Stille wieder mit Klang und Musik füllen zu können. Es fühlt sich alles unwirklich an, und ich möchte mein echtes Leben zurück. Und wenn ich den zahlreichen E-Mails unseres Publikums vertrauen darf, wartet es auch wirklich darauf, dass es weitergeht.“

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