Vecchis „Tragicomedia L’Amfiparnaso“ im Märkischen Museum

Wenn das Töchterchen nicht wie der Vater will

Mit Vecchis Madrigalkomödie „Tragicomedia L’Amfiparnaso“ lässt der RIAS Kammerchor die Comedia dell’Arte musikalisch aufblühen

© Matthias Heyde

RIAS Kammerchor

RIAS Kammerchor

Orazio Tiberio Vecchi gehört zu den Vorläufern im Schatten der großen Väter der Oper. Geboren wurde er 1550 in Modena, wo er auch 1605 verstarb. Bei seiner Karriere als Kapellmeister hatte er nicht immer ein glückliches Händchen. Doch obwohl er als Komponist von diversen Madrigalen, Motetten, Kanzonen, Messen und Chansonetten durchaus erfolgreich war, ist er heute nur noch Spezialisten ein Begriff.

Im Bewusstsein der Nachwelt ist Claudio Monteverdis „L’Orfeo“ (1607) die klingende Geburtsurkunde der Oper. Doch die Gattung lag schon vorher in der Luft. In dieses Umfeld des Noch-nicht-Ganzen, das heute wie ein Prolog anmutet, gehört auch Vecchis Hauptwerk mit dem Titel „Tragicomedia L’Amfiparnaso“. Die Vertonung einer Comedia dell’arte, die für manche durchaus als Vorform der Oper gilt.

Unterhaltsam bis ins Groteske: „Tragicomedia L’Amfiparnaso“

Diese Madrigalkomödie entstand 1597, zehn Jahre vor „L’Orfeo“. Für ausgewiesene Spezialisten der Barockmusik wie die Solisten des RIAS Kammerchores und den Cembalisten Robert Hollingworth ist das natürlich ein Leckerbissen, der durchaus ins (Märkische) Museum passt, ohne dabei museal zu wirken. Hollingworth ist zudem mit dem Werk bestens vertraut, hat er doch bereits eine von Peter Wilson eingerichtete szenische Aufführung in Dartington mit dem englischen Vokalensemble I Fagiolini musikalisch geleitet. Doch es geht auch konzertant, gleichsam im Geiste der Comedia dell’arte, recht munter zu. Deren Zutaten und Charaktere jedenfalls sind alle versammelt.

In der auf drei Akte verteilten Szenenfolge geht es um einen Vater, der diverse Hochzeitspläne für seine Tochter hat, die die natürlich nicht teilt. Dieser alte Pantalone als zentrale Figur eines bunten Personaltableaus will Isabella mit dem ebenfalls schon etwas älteren, aber ihm genehmen Cardone verheiraten. Die Tochter hat ihr Herz aber schon ihrem Lucio geschenkt. Nach ausgiebigem und reichlich verwirrendem Hin und Her, bei dem das restliche Personal ins Spiel und zur Geltung kommt, finden die Liebenden am Ende zueinander. Für eine Interpretation durch ausgewiesene Könner ist es im Grunde gleich, wie weit Vecchi noch von der Oper entfernt ist. In seiner Textbezogenheit ist er unterhaltsam bis ins Groteske hinein.

Prolog aus Vecchis „Tragicomedia L’Amfiparnaso“:

YouTube

Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube.
Mehr erfahren

Video laden

concerti-Tipp:

Vecchi: „Tragicomedia L’Amfiparnaso“
Fr. 26.1., 18 Uhr
Mit: RIAS Kammerchor, Robert Hollingworth (Leitung)
Ort: Märkisches Museum, Berlin

Termine

Sonntag, 02.07.2023 17:00 Uhr St. Marien Marburg

Rias Kammerchor, Justin Doyle

Tallis: O sacrum convivium, Guerrero: Ave virgo sanctissima & Regina cæli lætare, Victoria: Missa Ave Maris Stella, Poulenc: Messe G-Dur, Rautavaara: Canticum Mariæ Virginis, MacMillan: A Child’s Prayer, Johnston: Ave Regina Cælorum

Mittwoch, 27.09.2023 20:00 Uhr Deutsche Oper Berlin

Zeroth Law – Das nullte Gesetz (Premiere)

RIAS Kammerchor, Ralf Sochaczewski (Leitung), Marion Wörle & Maciej Sledziecki (Regie)

Donnerstag, 28.09.2023 20:00 Uhr Deutsche Oper Berlin

Zeroth Law – Das nullte Gesetz

RIAS Kammerchor, Ralf Sochaczewski (Leitung), Marion Wörle & Maciej Sledziecki (Regie)

Freitag, 29.09.2023 20:00 Uhr Deutsche Oper Berlin

Zeroth Law – Das nullte Gesetz

RIAS Kammerchor, Ralf Sochaczewski (Leitung), Marion Wörle & Maciej Sledziecki (Regie)

Rezensionen

Rezension René Jacobs – J. S. Bach: Messe h-Moll BWV 232

Vokales Concerto Grosso

Nach fast dreißig Jahren hat René Jacobs mit dem RIAS Kammerchor und der Akademie für Alte Musik Berlin Bachs h-Moll-Messe neu aufgenommen. weiter

Rezension René Jacobs – Beethoven: Missa Solemnis

Sphärisch

Réne Jacobs gelingt es, Beethovens „Missa Solemnis“ als eine sehr persönliche, stellenweise geradezu intime Musik abzubilden. weiter

Rezension Justin Doyle – Händel: Messiah

Ohne Spektakel

Justin Doyle zeigt in Händels „Messiah“ eine ausgeprägte Vorliebe für von ihm mit Distinktion und unaufdringlicher Noblesse gestaltete Feinheiten. weiter

Kommentare sind geschlossen.