Wer in Sachsen unweit der Landeshauptstadt die Idylle sucht, muss nicht weit fahren: Mitten in der sächsischen Teich- und Schlosslandschaft gelegen und täglich mit der dampfgetriebenen Lößnitzgrundbahn vom nahen Weinort Radebeul aus erreichbar, ist das Städtchen Moritzburg für Natur- wie Musikfreunde eine nur zu beliebte Adresse für edlen Genuss. Das wunderherrliche Jagdschloss, das seine weithin sichtbare fünftürmige Gestalt von August dem Starken bekam, ist ein dringender Sehnsuchtsort – nicht nur für eingefleischte Fans des legendären „Aschenbrödel“-Films, der hier gedreht wurde. Zum immerhin 29. Mal steht das malerisch gelegene barocke Anwesen auch im Mittelpunkt des Moritzburger Kammermusikfestivals. Zum zweiten Mal seit Beginn der Pandemie treten hier die Künstler unter freiem Sternenzelt auf der Schlossterrasse auf.
Gegründet von Tausendsassa und Cellist Jan Vogler, dessen geigendem Bruder Kai und Cellokollege Peter Bruns, entwickelte sich das Festival mithilfe der weltweit engmaschigen Vernetzung des umtriebigen Intendanten zu einem prominenten Treffpunkt für den musikalischen Altweibersommer, der rasch Künstler der ersten internationalen Garnitur anzog und zeitlich günstig nach dem Auslauf der großen anderen Festivals, aber vor dem Beginn der Hauptsaison in den großen Konzertsälen liegt. „Die Musik zeigt sich nach einem Jahr Pandemie von ihrer existenziellen Seite“, sagt ein wenig mahnend der Künstlerische Leiter. „Musiker und Publikum freuen sich daher besonders auf die Konzerte vor der malerischen Moritzburger Schlosskulisse. Wir werden sie nicht enttäuschen!“
Nahbar und hochkarätig zugleich: Moritzburg Festival
Und in der Tat hat das Publikum dank der eher kleinen Spielstätten und der verführerischen Natur ringsum ganz kleinräumig Gelegenheit, dem Treffen musikalischer Freunde bei ihren nahezu familiären Sessions beizuwohnen. Das dadurch sehr nahbar wirkende Festival kann so hochkarätig besetzt und trotzdem wenig elitär erscheinen. So reihen sich in diesem Jahr unter anderem Pianist Louis Lortie, Geigerin Veronika Eberle und Oboist Albrecht Mayer in das 22 Veranstaltungen zählende Programm, das neben manch Erwartbarem durchaus äußerst exquisite Raritäten des Kammermusik-Repertoires bereithält. Einige Konzerte einschließlich zweier Stefan-Heym-Lesungen mit Hannelore Koch erinnern zudem an 1 700 Jahre jüdische Kultur in Deutschland.
Parallel zum Festival leitet Intendantengattin und Geigerin Mira Wang zum wiederholten Mal hoffnungsvolle Nachwuchsmusiker aus aller Welt in der Festival-Akademie an. Unter der Leitung von Josep Caballé Domenech bilden sie das Moritzburg Festival Orchester und studieren ein umfangreiches Repertoire ein, was sie dann natürlich auch zum Besten geben.