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Porträt Hanna-Elisabeth Müller

Fit für die Bühne

Hanna-Elisabeth Müller gehört zu den international gefragten Sopranistinnen. Dabei wollte die Pfälzerin einst Zahnärztin werden

vonTeresa Pieschacón Raphael,

Mittagessen mit Hanna-Elisabeth Müller in einem Restaurant nahe der Bayerischen Staatsoper, wo sie gerade Humperdincks Hänsel und Gretel probt. Vor ihr steht eine große Schüssel, in der sich ein paar Salatblätter mit Essig-Öl-Marinade verlieren. Die Körner obenauf dünken da schon fast wie der kulinarische Höhepunkt – zumal die vom Kellner gebrachten Weizenbrötchen unangerührt liegenbleiben. „Ich weiß“, lacht die Sopranistin, „das sieht nicht gerade nach Genuss aus. Doch so ist unser Leben. Im Bauch darf nichts schwer liegen, wenn man noch singen muss.“ Trotz der mehrstündigen, Energie raubenden Probe, die bereits am Vormittag um neun begann, am Nachmittag weitergeht und vielleicht noch bis in die Nacht dauert? Ja, so ein Sängerleben ist eben auch hart. Danach aber, versichert die Sängerin, werde sie schlemmen …

Falls denn noch Zeit bleibt: Aktuell geht es abends nämlich ins Fitnessstudio. „Ich hätte nie gedacht, dass man so sportlich sein muss für eine Sängerlaufbahn! Als Gretel muss ich auf einem Bein rumhüpfen wie ein Kind und dies ein ganzes Opernbild durch. Da kommt man aus der Puste.“ Bizeps statt Belcanto? „Nein. Ich will keine Muskelmasse aufbauen“, lacht die gebürtige Mannheimerin. „Aber Cardio-Training ist wichtig – und Durchhalten.“ Vielleicht hätte sie doch lieber Zahnärztin werden sollen, wie einst gedacht? Müller schmunzelt, doch ihr entschiedener Blick zeigt, wie ernst es ihr ist. „Nein, nein, nein. Das ist das, was ich will. Auch, wenn es manchmal hart ist.“ Und auf die Bühne wollte die Tochter zweier Physiotherapeuten schon seit ihrer Kindheit. „Sie werden lachen, aber die erste Vorstellung, die ich sah, war Humperdincks Hänsel und Gretel“, entsinnt sie sich. „Da gab es eine Hexe, die flog, und die ich immer wieder sehen wollte – eigentlich eine schlechte Attrappe, aber es war so magisch. Noch heute denke ich daran.“ Und hofft, dass es dem Publikum eines Tages mit ihrem Gesang ebenso ergehen wird … Nun,  die Voraussetzungen dafür scheinen gut: Kritiker schwärmen von ihrer Stimme, die „wie aus einem Kristall geschliffen“ und „ohne Makel“ sei und von „wunderbar charakteristischem Stimmsilber“ – und das Magazin „Opernwelt“ kürte sie 2014 gar zur „Nachwuchssängerin des Jahres“.„Das hätte ich nicht erwartet“, schwingt da noch immer Verwunderung in ihren Worten mit – und so wie die junge Frau da aufrecht sitzt, mit ihrem schwarzen, mädchenhaft glatt zurückgekämmten Haar und den dunklen, ernsten Augen, klingt dieser Satz tatsächlich frei von Koketterie. „Das Schöne ist, das ist ein Preis, für den man sich nicht bewirbt oder anders ins Spiel bringt. Das ist eine Auszeichnung für meine Arbeit und Leistung.“ Die Kritiker hatten sie als Zdenka in Richard Strauss‘ Arabella bei den Salzburger Osterfestspielen 2014 erlebt, wo sie neben Renée Fleming und Thomas Hampson auf der Bühne stand. Ebenfalls aufgefallen war ihre Servilia in Mozarts La Clemenza di Tito an der Bayerischen Staatsoper – was sie fast noch mehr überrascht hat: „So eine kleine Rolle! Man muss wohl immer gut sein, egal, was und wo man singt.“

Nächste Station auf der Karriereleiter ist die Scala

Vor allem kommenden Sommer, denn dann steht ihr Debüt an der Mailänder Scala an. Für Müller indes kein Grund abzuheben, sie will ihre Karriere „Schritt für Schritt“ aufbauen und ihre Stimme „ökonomisch“ einsetzen. „Schließlich möchte ich noch mit sechzig singen können!“ Von daher ist die Pfälzerin auch froh, nie eine „teure und riesige PR-Maschine“ im Nacken gehabt zu haben und in Rollen gedrängt worden zu sein, für die ihre Stimme noch nicht bereit war. „Im Opernstudio der Bayerischen Staatsoper bin ich als Sängerin aufgebaut worden, und auch jetzt als Ensemblemitglied finden viele Gespräche statt, ob der Part wirklich geeignet für meine Stimme ist.“ Als Sänger sei man da stets gefährdet und brauche Vertraute – so wie ihren Lehrer Rudolf Piernay, bei dem sie einst an der Hochschule in Mannheim studierte: „Er kennt meine Stimme seit den Anfängen. Bis heute lasse ich mich beraten und gehe zu ihm zum Unterricht.“ Gut, dass zumindest da der Magen dann nicht ganz so leer sein muss.

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