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Buchrezension – Alfred Brendel: Naivität und Ironie

Ansichten eines Pianisten

In Essays und Gesprächen reflektiert Alfred Brendel über Musik, Literatur und das Altern.

vonEcki Ramón Weber,

„Rückblickend betrachte ich, dass ich zwei Leben geführt habe, das des Musikers und das des Schriftstellers“, bemerkt der Pianist Alfred Brendel, mittlerweile 94, an einer Stelle dieses Buches. Die Neuerscheinung „Naivität und Ironie“ enthält Essays und Interviews mit anregenden Einsichten und klugen Denkanstößen. Tatsächlich hat Brendel neben der musikalischen Karriere seit seiner Jugend geschrieben: Gedichte, Essays, Analysen. In den neu veröffentlichten Texten denkt er über Goethes musikalische Visionen und Limitationen nach. Brendel betrachtet es etwa als Glück, dass Schubert Goethe nie traf. Er untersucht Phänomene des Humors bei Haydn sowie bei Beethoven und räumt mit hartnäckigen Klischees auf, zum Beispiel, dass die Musik Beethovens in erster Linie weltentrückt sei.

Interessant sind auch Brendels Erörterungen, weshalb Goethe und Beethoven nicht die gleiche Wellenlänge hatten. Er zeigt Schwächen in Thomas Manns „Doktor Faustus“ und das Geniale bei Agatha Christie auf. Zudem gibt es Einblicke in die Interpretation der Klaviermusik von Haydn, Mozart, Beethoven und Chopin. In den Interviews geht es um den unterschätzten Ferruccio Busoni, die Faszination von Romanen und – sehr persönlich – das Altern. Wie im Buchtitel angedeutet, wird auch diskutiert, weshalb Naivität und Ironie eine glückliche Mischung in der Kunst ergeben – wie auch im Leben. Offenes Denken, Differenziertheit, gedankliches Aushalten von Ambivalenzen, Dialektik – lauter spannende Erörterungen und Beobachtungen sind zu finden. Und viele Anregungen zum frischen Hören.

Pianist und Essayist Alfred Brendel
Pianist und Essayist Alfred Brendel

Naivität und Ironie. Essays und Gespräche
Alfred Brendel
Herausgegeben von Martin Meyer und Michael Krüger
Wallstein, 139 Seiten
20 Euro

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