Ausstellung: „Richard Wagner und das deutsche Gefühl“

Große Gefühlswelten

Eine Ausstellung im Deutschen Historischen Museum Berlin beleuchtet den großen Romantiker.

© Deutsches Historisches Museum/Leihgabe der Bundesrepublik Deutschland

So sah der Maler Franz von Lenbach den Komponisten Wagner

So sah der Maler Franz von Lenbach den Komponisten Wagner

Für Karl Marx war er mit den ersten Bayreuther Festspielen 1876 der „Staatsmusikant“, für das Kurationsduo Michael Steinberg und Katharina J. Schneider ist er der „Gefühlsingenieur“. Im Deutschen Historischen Museum (DHM) stand schon seit längerem fest, dass es 2022 um Richard Wagner (1813–1883) und Karl Marx (1818–1883) gehen sollte, die beide dem 19. und 20. Jahrhundert ihre Stempel aufdrückten. Es ist die erste einem Komponisten gewidmete Einzelausstellung des DHM. Verdientermaßen: Je nach Betrachtungsstandpunkt polarisiert Wagner als „Ein deutsches Thema“ oder „Ein deutsches Ärgernis“. So titulierte man das „Pumpgenie“, den „Zukunftsmusiker“ und den Antisemiten. Dass es Unter den Linden eine Wagner-Ausstellung gibt, hat eine thematische und regionale Berechtigung: Gegenüber, in der Königlichen Oper, waren Wagners Opern schon beliebt, als der von diesem zum Feindbild par excellence erhobene Giacomo Meyerbeer noch Berliner Generalmusikdirektor war.

Repräsentierte Wagner das „deutsche Gefühl“ – und wie beeinflusste er dieses? Die Ausstellung nähert sich der Fragestellung in vier Kapiteln: „Entfremdung“, „Eros“, „Zugehörigkeit“, „Ekel“. Durchleuchtet werden sein kompositorisches und dichterisches Werk, Wagners an die 4 000 Seiten umfassenden theoretischen Schriften, die Lebensspuren des Menschen Wagner und einiger seiner Wegbegleiter.

Wagner und das „deutsche Gefühl“

Ihrer Lebenssphäre entfremdet sind schon Wagners frühe Opernfiguren Senta in „Der fliegende Holländer“ und der Titelheld des „Tannhäuser“. Aus dem Unbehagen an ihrem Umfeld flieht Senta zum Verbannten der Meere. Und Tannhäuser findet bei der Liebesgöttin Venus statt „ewiger Wonne“ nur „Überdruss“: Im Ausstellungskapitel „Ekel“ geht es um polarisierte Geschlechterbeziehungen und Ersatzhandlungen im weiteren Sinne.

Das führt zum Kern der Ausstellungsthematik: Wie rezipierte Wagner Gefühle, wie modellierte er sie künstlerisch und wie beeinflusste er die Diskussionen über Geschlechterrollen in den letzten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts? Bis heute evozieren Wagners Antisemitismus und Nationalismus ein tiefes Unbehagen, was die Inszenierungs- und Deutungsgeschichte seiner Bühnenwerke weiterhin antreibt.

concerti-Tipp:

Richard Wagner und das deutsche Gefühl (Ausstellung)
8.4.-11.9.2022
Deutsches Historisches Museum Berlin
Hier gibt es weitere Infos.

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